Ausbildungsprogramme für Önologen

Status: In Kraft

Ausbildungsprogramme für Önologen

RESOLUTION OIV-ECO 563-2016

AUSBILDUNGSPROGRAMME FÜR ÖNOLOGEN

DIE GENERALVERSAMMLUNG,

GESTÜTZT auf die Arbeiten der Sachverständigengruppe FORMAT,

GESTÜTZT auf die Resolution OIV-ECO 492-2013, in der der Beruf des Önologen definiert und seine Rolle im gesamten Weinbereitungsprozess festgelegt wird,

IN ANBETRACHT der unterschiedlichen Kompetenzfelder der Hochschulen, die Ausbildungsprogramme in den Bereichen Weinbau und Önologie anbieten,

GESTÜTZT auf den Strategieplan 2015-2019 der OIV, insbesondere seine Ziffer 1 

BESCHLIESST, die Resolution OENO 2/91 zurückzuziehen,

BESCHLIESST, folgende Leitlinien für die Erstellung von Ausbildungsprogrammen für Önologen zu erlassen. 

EMPFEHLUNGEN FÜR DIE FESTLEGUNG VON AUSBILDUNGSPROGRAMMEN FÜR ÖNOLOGEN

Einleitung

Das Ausbildungsprogramm für Önologen sollte Önologen dazu befähigen, die Arbeiten in den fünf Phasen, die in der  Resolution OIV-ECO 492-13 aufgezeigt sind, sorgfältig auszuführen, die dort beschriebenen Aufgaben zu erfüllen und sicherstellen, dass er vertiefte und laufend aktualisierte Kenntnisse aller Praktiken besitzt, die unter seiner Kontrolle durchzuführen sind.

Nachfolgend sind Empfehlungen zu Ausbildungsprogrammen für Önologen aufgeführt.

Hochschulen und andere Einrichtungen, die Ausbildungsprogramme in den Bereichen Weinbau und Önologie anbieten, haben unterschiedliche Kompetenzfelder. Einige legen den Schwerpunkt auf den Weinbau, andere auf die Biotechnologie und die Önologie. Der genaue Aufbau des Studienprogramms sollte von den Hochschulen festgelegt werden, wobei die Qualifikation des Önologen und seine Rolle im Weinbereitungsprozess gemäβ der Definition der OIV-ECO 492-2013 zu berücksichtigen sind.

Stufen der Ausbildungsprogramme

Nach der „Classification Internationale Type de l’Education“ der UNESCO (ISCED-UNESCO 2011) werden die Ausbildungsprogramme der Önologen als Programme der tertiären Bildung betrachtet.   Es kann sich dabei um folgende Programme handeln:

  • Programm der Hochschulbildung, kurzer Bildungsgang oder gleichwertige Ausbildung mit einer theoretischen Gesamtdauer von drei bis vier Jahren: Stufe 665 der ISCED (5A ISCED 1997).  Diese Stufe erfordert mindestens 180 Kreditpunkte.
  • Bachelor-Programm oder gleichwertige Ausbildung mit einer theoretischen Gesamtdauer von mehr als 4 Jahren: Stufe 666 der ISCED 2011 (5B ISCED 1997). Diese Stufe erfordert mindestens 240 Kreditpunkte. 
  • Master-Programm oder gleichwertige Ausbildung mit einer theoretischen Gesamtdauer von mindestens 5 Jahren: Stufen 766, 767 und 768der ISCED 2011 . Diese Stufe erfordert mindestens 300 Kreditpunkte.

1 Leistungspunkt entspricht 25-30 Stunden (Vorlesungen + Selbststudium und Prüfung)

Wesentliche Empfehlungen zum Ausbildungsprogramm für Önologen

Die Önologenausbildung sollte mit einer Grundausbildung beginnen, die es den Studenten ermöglicht, die notwendigen Kenntnisse zu erwerben, um ein ausreichendes Verständnis önologischer Fragen sowie Fragen in folgenden Sachgebieten zu erlangen:

  1. Mathematik
  2. Physik
  3. Chemie
  4. Biochemie
  5. Biologie
  6. Mikrobiologie
  7. Technik/Engineering
  8. Wirtschaft

Nachfolgend die Liste der Themen, die durch das Ausbildungsprogramm abgedeckt werden müssen, und der Kompetenzen, die nach der Definition des Berufs des Önologen (Resolution OIV-ECO 492-2013) zu erwerben sind

SPEZIFISCHE AUSBILDUNG

Es wird empfohlen, für alle nachfolgend aufgeführten Bereiche die Entwicklungen des Sektors zu berücksichtigen, die von der OIV erörtert werden, insbesondere im Hinblick auf den Klimawandel und die Anforderungen an die nachhaltige Erzeugung. 

A.         WEINBAU

Dieser Teil des Programms ermöglicht es dem Önologen, sich an der Gestaltung und Anlage von Rebflächen sowie am agrarwirtschaftlichem Management zu beteiligen und die Zusammensetzung des Leseguts und seinen Gesundheitszustand zu beurteilen. Er sollte mindestens folgende Sachgebiete umfassen:

  1. Ampelographie, Pflanzenmaterial und Rebsorten
  2. Biologie und Physiologie der Rebe
  3. Vermehrung der Rebe
  4. Bodenbeschaffenheit und Klimatologie, Klimawandel
  5. Ökologie und Terroir
  6. Techniken des Weinbaus
  7. Rebkrankheiten und Schädlinge, Rebschutz

B.         ÖNOLOGIE

Dieser Teil des Programms soll es dem Önologen ermöglichen, sich an der Anlage der Rebflächen aktiv zu beteiligen, die Traubenreife zu beurteilen, den günstigen Erntezeitpunkt zu bestimmen und alle Arbeitsschritte im Zusammenhang mit der Weinbereitung, des Verschneidens und der Reifung sowie Behandlungen und die Verpackung zu kontrollieren, Ergebnisse auszuwerten, Analysetests durchzuführen und die Rückverfolgbarkeit zu gewährleisten, um qualitativ hochwertige Erzeugnisse zu erzielen. 

Er sollte folgende Sachgebiete umfassen:

  1. Technologie
  • Zusammensetzung und Reifung der Trauben
  • Behandlungen und präfermentäre Massnahmen 
  • Mikrobiologie und Biochemie der Fermentatione
  • Bereitung von Rotweinen
  • Bereitung von Weiβweinen
  • Bereitung von Roséweinen
  • Bereitung von Schaumweinen
  • Bereitung von Spezialweinen
  1. Zusammensetzung und Ausbau des Weins
  • Hauptinhaltsstoffe des Weins
  • Säuregehalt und pH-Wert
  • Schwefeldioxid und alternative Produkte
  • Oxidations-Reduktionsphänomene
  • Makromoleküle und kolloidale Phänomene in Weinen
  • Fällung durch physikalisch-chemische Vorgänge
  • Mikrobielle Veränderungen
  1. Reifung, Behandlung und Abfüllung von Weinen
  • Reifung, Einfluss des Holzes
  • Weinschönung
  • Filtration von Weinen
  • Physikalische Behandlungen
  • Sonstige Behandlungen
  • Hygiene der Räumlichkeiten, Geräte und Anlagen
  • Verpackung und Abfüllung
  1. Önologisches Engineering
  • Flüssigkeiten und Wärmeübertragung
  • Energie, Motoren, Pumpen, Rohrleitungen und Ventile
  • Verschiedene Arten der in Kellereien verwendeten Tanks und Behältnisse
  • In Kellereien verwendete Materialien, die mit Wein direkt in Berührung kommen
  1. Sonstige Weinbauerzeugnisse

Dieses Kapitel orientiert sich nach den Produktionseigenschaften des jeweiligen Landes wo die Ausbildung erfolgt ist.

  • Stummgemachte Moste, konzentrierte Moste, rektifiziertes Traubenmostkonzentrat, Traubensaft
  • Aromatisierte Weine und andere weinhaltige Getränke
  • Durch Destillation von Wein und seinen Nebenprodukten gewonnene Erzeugnisse
  • Weinessig
  1. Nebenprodukte und Abfälle im Weinbau und ihre Bewirtschaftung
  2. Analyse und Überwachung von Most und Wein
  • Sensorische Analysen 
  • Analytische Separationstechniken
  • Chemische Analysemethoden
  • Physikalische Analysemethoden
  • Enzymatische Analysen
  • Mikrobiologische Analysen
  • OIV-Analysemethoden
  • Automatisierte Analyseverfahren: NIR-Spektroskopie, automatisches Analysensystem, Sensoren
  • Qualitätskontrolle im Labor

C.         WIRTSCHAFT, MANAGEMENT, RECHT, MARKETING UND KOMMUNIKATION

Dieser Teil des Ausbildungsprogramms soll den Önologen dazu befähigen, Maβnahmen kohärent und kostengünstig durchzuführen, Empfehlungen im Bereich Marketing und Vermarktung zu formulieren und ihm Kenntnisse über die Rechtsvorschriften im Weinbausektor vermitteln, die für die Weinherstellung notwendig sind.

Er sollte folgende Sachgebiete umfassen:

  1. Weinbauerzeugnisse in der menschlichen Umwelt
  • Geographie und Geschichte des Weinbaus
  • Wein und Weinbauerzeugnisse weltweit
  • Globaler Markt für Wein (Angebot, Nachfrage, internationaler Handel)
  • Wein und Gesundheit
  • Weintourismus
  1. Wein- und Weinbaurecht
  • Internationale Referenzorganisationen des Weinsektors
  • Begriffsbestimmungen der Produktkategorien
  • Rechtsvorschriften im Weinbau
  • Rechtsvorschriften zu önologischen Verfahren, Anforderungen an Weinbauerzeugnisse, Lagerung und Verkauf von Wein und Weinbauerzeugnissen
  • Rechtsvorschriften zu geographischen Angaben und Ursprungsbezeichnungen
  • Rechtsvorschriften zur Kennzeichnung von Weinen
  • Internationale Handelsregelungen in Bezug auf technische und sicherheitsbezogene Aspekte 
  1. Grundlagen des Managements
  • Grundlegende Managementkonzepte
  • Rechnungswesen
  • Kostenanalyse und Kontrolle
  • Finanzmanagement
  1. Marketing
  • Definition und Funktionsweise
  • Verbraucherverhalten
  • Marketingforschung
  • Strategisches Marketing: Planung,  Marktsegmentierung, Positionierung, Ressourcenmanagement
  • Marketing-Mix: Produkt, Preis, Verkaufsförderung und Vertriebskanäle  
  1. Kommunikationstätigkeiten
  • Kommunikation im Weinbau: Struktur und wichtige Akteur
  • Öffentlichkeitsarbeit
  • Interaktion über das Internet und soziale Netzwerke 
  • Weinbau-Presse
  • Rhetorik und Präsentationstechniken
  • Verantwortliche kommerzielle Kommunikation
  1. Informationstechnologie
  • Informationssysteme für Unternehmen
  • Software und Verfahren für das Lieferkettenmanagement
  • Datenbankdesign und -management

A.         QUALITÄT, LEBENSMITTELSICHERHEIT UND UMWELT

Dieser Teil des Ausbildungsprogramms soll den Önologen dazu befähigen, Verantwortung für das Qualitätsmanagement zu übernehmen und die Rückverfolgbarkeit, Lebensmittelsicherheit, den Schutz der Gesundheit sowie die Umsetzung der Strategien  für den Umweltschutz zu gewährleisten.

Folgende Sachgebiete sollten berücksichtigt werden:

  • Qualitätsmanagement und Kommunikatio
  • Verfahren und Zertifizierungsregelungen hinsichtlich der Qualität: öffentliche und private Normen
  • Verbraucherinformation und Kennzeichnung
  • Management der Lebensmittelsicherheit
  • Verfahren und Normen für die Rückverfolgbarkeit
  • Verfahren und Normen für das Risikomanagement (HACCP)
  • Food defense
  • Umweltmanagement und Nachhaltigkeit
  • Umweltstandards und -regelungen (z.B. ISO 14001, EMAS)
  • Standards für bestimmte Produktionssysteme (biologische, integrierte, biodynamische Erzeugung)
  • Standards hinsichtlich der sozialen Verantwortung
  • Standards für die Bewertung der Umweltleistung (Lebenszyklusanalyse und eindimensionale Bewertungsmethoden)
  • Nachhaltigkeitsstandards und -konzepte

PRAKTIKUM

Praktika sind wünschenswert und sollten es den Studenten ermöglichen, die Traubenreifung, die Weinproduktion und die Analysen in den verschiedenen Phasen vor der Vermarktung zumindest teilweise zu verfolgen. Es ist ein Praktikumsbericht zu erstellen, dessen Präsentation dem Ermessen der Hochschulen überlassen wird.

Diese Praktika sind fester Bestandteil der Ausbildung und werden in die Stundenzahl einbezogen.

Die Organisation dieser Praktika bleibt  der Hochschulen überlassen.