Leitlinien der OIV zur Anerkennung von Rebensammlungen

Status: In Kraft

Leitlinien der OIV zur Anerkennung von Rebensammlungen

RESOLUTION OIV-VITI 539-2017

LEITLINIEN DER OIV ZUR ANERKENNUNG VON REBENSAMMLUNGEN

DIE GENERALVERSAMMLUNG,

AUF Vorschlag der Kommission I „Weinbau“,

GESTÜTZT auf Artikel 2 Absatz 2 iv des Übereinkommens zur Gründung der Internationalen Organisation für Rebe und Wein und Ziffer 1.C.iii des Strategieplans 2015-2019 der OIV „Förderung der Kenntnis der funktionellen Genomik von Reben und Mikroorganismen“,

GESTÜTZT auf die verschiedenen Berichte, die in den Sachverständigengruppen der Organisation und insbesondere in der Sachverständigengruppe „genetische Ressourcen und Rebenzüchtung“ vorgelegt wurden, sowie auf Vorschlag dieser Sachverständigengruppe,

GESTÜTZT auf die Resolutionen OIV/ 02/1982 und 03/1984 „ERHALTUNG DER NATÜRLICHEN GENETISCHEN RESSOURCEN IM WEINBERG“, die sich mit der Erhaltung ampelographischer Rebensammlungen befasst,

GESTÜTZT auf die Resolution OIV/VITI 424/2010 „ERHALTUNG DER GENETISCHEN RESSOURCEN DER REBE“, insbesondere auf den Teil, der auf die Erleichterung der Auflistung von Sammlungen und die Förderung des Erhalts von Pflanzenmaterial abzielt,

IN ANBETRACHT der weltweit bestehenden oder zu entwickelnden Sammlungen, die einheitliche Kriterien erfordern, um die Möglichkeiten des Vergleichs von erhaltenem genetischen Material zu verbessern und den Austausch genetischer Ressourcen zu erleichtern,

GESTÜTZT auf die bestehenden internationalen Normen oder Protokolle, hauptsächlich das Protokoll (2010-2014) Nagoya über den Zugang zu genetischen Ressourcen und ihrer Benutzung,

GESTÜTZT auf die Resolution 424-2010, in der die Notwendigkeit aufgezeigt wird, über ein internationales Register der Sammlungen von genetischen Ressourcen der Rebe und eine Liste der erhaltenen Akzessionen zu verfügen,

IN ANBETRACHT dessen, dass die Festlegung einheitlicher Kriterien einen besseren länderübergreifenden Vergleich und Austausch von genetischen Ressourcen ermöglicht,

BESCHLIESST, folgende offizielle Leitlinien der OIV zur Anerkennung von Rebensammlungen auf internationaler Ebene zu verabschieden: 

 LEITLINIEN DER OIV ZUR ANERKENNUNG VON REBENSAMMLUNGEN

Auf Vorschlag der Sachverständigengruppe GENET schlägt die OIV eine Reihe von zu erfüllenden Kriterien vor, um einen internationalen Standard für die Harmonisierung der Kriterien und die Verfügbarkeit und Effizienz genetischer Ressourcen festzulegen. Rebensammlungen, die diese Kriterien erfüllen, werden von der OIV anerkannt und die Rebsortensammlungen und Rebsorten können in die OIV-Listen auf der OIV-Website aufgenommen werden.   

In diesen Leitlinien werden die Anforderungen der OIV aufgezeigt, denen ampelographische Sammlungen entsprechen sollten, um in die OIV-Liste aufgenommen zu werden. Sie sollen regelmäßig überprüft werden.

Die vorgeschlagenen Kriterien wurden unter Berücksichtigung folgender Literatur zusammengestellt

  1. Maghradze et al. (2015) Filed genebank standards for grapevine (Vitis vinifera) Vitis 54: 273-279.2. ECPGR
  2. 2012, Bericht der Arbeitsgruppe „Vitis“, zweite Sitzung, 18. – 20. September 2012, Siebeldingen, Deutschland.

Leitlinien für Rebensammlungen, die in die OIV-Liste aufgenommen werden:

1.      Standortwahl

Der Standort sollte georeferenziert sein und folgende Bedingungen erfüllen:

  • für den Traubenanbau geeignete agroökologische Bedingungen.
  • Auswahl von Standorten mit minimalen Risiken von Naturkatastrophen und durch Menschen verursachte Katastrophen und Gefahren.
  • Verfügbarkeit von Einrichtungen und Arbeitskräften, um eine optimale Bewirtschaftung der Rebensammlungen zu gewährleisten.

2.      Beschaffung von Genmaterial

Für alle Akzessionen sollte eine vorzugsweise georeferenzierte Karte mit Beschreibung des Standorts vorliegen. Die Akzessionen müssen kodifiziert und einzeln eingetragen werden. Die Beschaffung sollte unter folgenden Bedingungen erfolgen:

  • Rechtmäßige Beschaffung der Akzessionen.
  • Beschreibung und Charakterisierung der Akzessionen vorzugsweise durch die 25 Multicrop-Passport-Deskriptoren (MPCDs) und die 14  Vitis-spezifischen-EURISCO-Deskriptoren; eine zusätzliche Genotypisierung mit molekularen Markern zur Sortenidentifizierung wird empfohlen.
  • Soweit möglich sollte die Rückverfolgbarkeit der Herkunft gegeben sein, wobei jedoch zu bedenken ist, dass bei schon seit längerer Zeit existierenden Sammlungen unvollständige und ungenaue Aufzeichnungen vorliegen können.  
  • Alle Daten zur Rückverfolgbarkeit der gesammelten Akzessionen (Ursprung, Vermehrungstechniken, verwendete Unterlage, Herkunft, Ersatz, Erneuerung, Zertifizierungskategorie, Gesundheitszustand in Bezug auf Viruskrankheiten) sollten ordnungsgemäß dokumentiert und aktualisiert werden.
  • Bei der Weitergabe von Akzessionen an Inhaber anderer Sammlungen oder Dritte sollte eine Materialübertragungsvereinbarung (MTA) beigefügt werden.
  • Die Einfuhr neuer Akzessionen aus ausländischen Sammlungen muss den nationalen Quarantänevorschriften entsprechen.

2.1.      Erstellung von Feldsammlungen:

  • Die Anzahl der Akzessionen pro Sammlung sollte nicht weniger als 20 betragen.
  • Empfohlene Mindestanzahl der Pflanzen pro Akzession: nicht weniger als 3.
  • Die Akzessionen sollten frei von Schädlingen (insbesondere schädliche Bakterien, Viren, Phytoplasmakrankheiten und andere Schadorganismen) und frei von national festgelegten Quarantänekrankheiten sein.
  • Soweit möglich, sollte für alle Akzessionen der Sammlung die gleiche Unterlage verwendet werden. Die Unterlage sollte den Boden- und Klimaverhältnissen gut angepasst sein (auβer bei bekannter Inkompatibilität) und von einem entsprechenden Pflanzengesundheitszeugnis begleitet sein.
  • Klare Dokumentation des Standorts der einzelnen Akzessionen: Die Akzessionen sind eindeutig zu kennzeichnen, und alle vorliegenden zusätzlichen Informationen zu den Akzessionen sind zu dokumentieren.
  • Die Akzessionen einer Sammlung sind vorzugsweise nach ihrem Verwendungszweck zu unterteilen (Tafeltraube, Keltertraube, Unterlage, usw.).

2.2.      Sammlung in geschützten Strukturen

  • Die Akzessionen sind so einzuteilen, dass sie klar voneinander zu unterscheiden sind. Wenn es zweckmäßig ist, sollten sie nach unterschiedlichen Erzeugnissen oder Verwendungszwecken katalogisiert werden (z.B. Keltertrauben, Tafeltrauben, Unterlagen, usw.).

3.      Sammlungsmanagement

  • Überwachung und Schutz der Pflanzen zur Verhinderung von Schädlingen und Krankheiten.
  • Anwendung angemessener Anbaupraktiken (Düngung, Bewässerung, Schnitt, Erziehung, Bodenbearbeitung, Unkrautbekämpfung, usw.).
  • Fehlende Pflanzen sind in der Sammlung durch neue Pflanzen nach Vermehrung der gleichen Akzession zu ersetzen, die aus der Ursprungspflanze hervorgegangen ist.

4.      Charakterisierung [1]

  • Die Charakterisierung der Akzessionen muss anhand einer der offiziellen Methoden erfolgen. Diese beruhen auf:
    • ampelographischen Merkmalen (Minimalliste der Merkmale).
    • genetischen Fingerabdrücken durch SSR-Marker (Liste der Marker oder Referenz).
    • Sofern Charakterisierungen vorgenommen werden, müssen sie gemäß der Deskriptoren-Liste der OIV (Resolution VITI 02-2007) und weiteren OIV-Resolutionen erfolgen.

5.      Dokumentation

  • Die Daten sollten vorzugsweise digital dokumentiert sein, wobei alle notwendigen Maßnahmen zur Gewährleistung der Datensicherheit und -integrität zu ergreifen sind.

Literatur:

  1. http://www.eu-vitis.de/index.php
  2. http://www.ecpgr.cgiar.org/resources/germplasm-databases/
  3. http://eurisco.ipk-gatersleben.de/
  4. Maghradze et al. (2015) Filed genebank standards for grapevine (Vitis vinifera) Vitis 54: 273-279.

[1] http://www.oiv.int/  resolution OIV VITI 467-2012: OIV-Formular für die Beschreibung von Rebsorten (Vitis spp.)