Die OIV wurde 1924 als Internationales Weinamt gegründet, um den weltweiten Weinbau zu harmonisieren.
Man muss sehr weit in die Vergangenheit zurückgehen, um die erste internationale Veranstaltung im Bereich Weinbau zu finden. Genauer gesagt bis 1874, als nach der Reblauskatastrophe der europäische Weinbau drohte, fast völlig zerstört zu werden. Winzer aus Frankreich, Italien, der Schweiz, Österreich und Deutschland versammelten sich in Montpellier vom 22. bis 30. Oktober zu einem Kongress, um gemeinsam nach Möglichkeiten zur Bekämpfung des Schädlings zu suchen.
35 Jahre später, nachdem die Reblauskrise überwunden war, sah sich der Weinbau mit einer noch heimtückischeren Gefahr konfrontiert: Die anarchische Entwicklung von Produktion und Handel trieben den Betrug so weit voran, dass der Weltmarkt mit allen möglichen fälschlicherweise als Wein bezeichneten Getränken überschwemmt wurde. 1908 und 1909 fanden daher zwei Kongresse statt, einer in Genf und der andere in Paris, um dieses beunruhigende Problem zu untersuchen. Dabei erzielte man ernsthafte Fortschritte, indem eine erste Definition von Wein vorgeschlagen wurde bzw. die Grundsätze des Madrider Abkommens von 1891 über die Unterdrückung falscher Herkunftsangaben in Erinnerung gerufen und bestätigt wurden.
Diese Entwicklung, die der Erste Weltkrieg beeinträchtigte, setzte sich 1918 dank einer internationalen Konferenz der Erzeugerländer fort. Auf dem Programm der Veranstaltung: Revision der Zölle, Regulierung des Handels zwischen den Staaten und Einrichtung eines internationalen Gremiums. Letzteres setzte sich aus Delegierten der Export- und Importländer zusammen und hatte die Aufgabe, bei Konflikten zwischen diesen zu schlichten.
Dann schlug im Jahr 1922 die (französische) Société d’Encouragement à l’Agriculture (Gesellschaft zur Förderung der Landwirtschaft), die immer noch über die weltweite Situation des Weinbaus besorgt war, die Gründung einer internationalen Weinorganisation vor, und zwar durch Vertreter aus Italien, Griechenland, Spanien, Portugal, Frankreich, Ungarn, Luxemburg und Tunesien.
Die Idee wurde im folgenden Jahr auf der Konferenz von Genua (1923) wieder aufgegriffen, auf der sogar beschlossen wurde, ein separates Treffen zwischen Italien, Frankreich, Spanien, Griechenland und Portugal abzuhalten, um die Schaffung einer solchen Organisation ernsthaft zu prüfen. Die Delegierten dieser Länder beschlossen, sich einige Monate später vom 4. bis 6. Juni in Paris zu treffen, und einigten sich auf die Notwendigkeit eines ständigen internationalen Büros, das von den vertretenen Staaten gemeinsam unterhalten werden sollte.
Es wurden jedoch keine konkreten Beschlüsse gefasst und es bedurfte noch zweier weiterer Konferenzen, die 1924 erneut in Paris einberufen wurden, um die Möglichkeiten und Modalitäten für die Gründung einer internationalen Organisation zu prüfen. Die langen Debatten zeugten von der Schwierigkeit, alle Vorbehalte zu überwinden. Sie führten schließlich am 29. November 1924 zur Unterzeichnung eines Abkommens, mit dem in Paris ein Internationales Weinamt (Office International du Vin, O.I.V.) gegründet wurde.
Damit war das O.I.V. rechtlich gesehen geboren, aber es konnte erst dann wirklich seine Arbeit aufnehmen, wenn – wie im Abkommen festgelegt – mindestens fünf Länder ihre Ratifizierung hinterlegt hatten. Es dauerte also noch drei Jahre bis zum 3. Dezember 1927, bis die erforderliche Anzahl an Ratifizierungen erreicht war und am 5. Dezember die konstituierende Sitzung abgehalten werden konnte.
Wo stand die Weinwelt 1924?
Seit Anfang des Jahrhunderts war der Weinbau nicht mehr nur auf eine begrenzte Zahl von Ländern beschränkt. Er weitete sich nach und nach auf wichtige Regionen in Nordafrika, Lateinamerika, Kapstadt, Australien und den USA aus.
Es handelte sich also um eine landwirtschaftliche Tätigkeit von großer sozialer, demografischer und wirtschaftlicher Bedeutung, deren spektakuläre, aber völlig chaotische Entwicklung die Weinwelt in unzählige Schwierigkeiten stürzte. Betrug war nach wie vor allgegenwärtig und die auf Wein erhobenen Steuern nahmen ein ungewöhnliches Ausmaß an. Die Vorurteile gegen dieses Getränk nährten mangels seriöser und verantwortungsbewusster Informationen eine wachsende Feindseligkeit, deren schärfste Form die schlichte Prohibition war. Das Beispiel der USA, dem Finnland folgte, zog wie eine Öllache durch Europa und verseuchte die Schweiz, Österreich und Dänemark. Die Produktion stieg durch die Ausweitung der Weinbaugebiete, die Erhöhung der Erträge, den unkontrollierten Einsatz von Hybriden usw. stetig an, während der Konsum und der Handel stagnierten. Damit waren alle Faktoren vereint, um eine schwere Krise auszulösen.
Vom ersten Augenblick seiner Existenz an sah es sich daher mit Aufgaben von überwältigender Komplexität konfrontiert. Unter der Leitung seines ersten Präsidenten, des Franzosen Édouard Barthe, und dank der Energie seines ersten Direktors, Léon Douarche, sowie der drei Mitarbeiter machte sich das O.I.V. mit Mut und Zuversicht an die Arbeit und konnte sich dabei auf die aktive Beteiligung der bekanntesten Persönlichkeiten der damaligen Weinwelt stützen.
Während des ersten Jahrzehnts seines Bestehens, das mit dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs endete, entwickelte das O.I.V. seine Aktivitäten in vielen verschiedenen Bereichen.
Vor allem führte es zunächst eine umfangreiche und langwierige Untersuchung durch, um möglichst viele Informationen über die Bedeutung und die Charakteristika des Weinbaus in den verschiedenen Ländern zu erhalten. So konnte man sich zum ersten Mal einen Überblick über die weltweite Situation im Weinbausektor verschaffen, indem man über seriöse wirtschaftliche, statistische, rechtliche und technische Informationen in Bezug auf die produzierenden und importierenden Länder verfügte.
Diese Basisinformationen, die für jede gründliche Untersuchung der gestellten Probleme unerlässlich waren, wurden insbesondere durch das O.I.V.-Bulletin verbreitet, dessen erste Ausgabe im Juni 1928 erschien.
Ein weiterer Teil der Tätigkeit des O.I.V. bestand darin, entweder technische Arbeiten anzuregen oder bereits existierende Arbeiten einem größeren Publikum bekannt zu machen. Das monatliche Organ des O.I.V. öffnete seine Spalten für alle Forscher der damaligen Zeit und es wurden die verschiedensten Themen rund um die Technik und Wissenschaft der Rebe und des Weins behandelt.
Auf einer konkreteren Ebene setzte sich das O.I.V. auch für eine internationale Koordination des Handels ein. Nach mehreren Treffen, Befragungen und Konferenzen wurde am 4. Juni 1935 in Rom das erste Abkommen über die Vereinheitlichung der Methoden zur Untersuchung von Wein im internationalen Handel unterzeichnet.
Die Zahl der Mitglieder stieg von sieben im Jahr 1928 auf siebzehn zehn Jahre später. Ein wissenschaftlicher Ausschuss, dann ein Rechtsausschuss und sogar ein medizinischer Ausschuss entstanden. Während dieser Zeit hielt das O.I.V. zwölf Generalversammlungen ab. Darüber hinaus fanden fünf Internationale Kongresse für Rebe und Wein statt. Diese großen Zusammenkünfte von Fachleuten aus der ganzen Welt trugen durch ihre Arbeit und ihre Debatten nicht nur zur notwendigen Verständigung und Koordination zwischen den Ländern, sondern auch zur Entwicklung der Technologie rund um Rebe und Wein bei.
Der fünfte Internationale Kongress für Rebe und Wein, der kurz vor dem Beginn der Feindseligkeiten des Zweiten Weltkriegs vom 21. bis 30. August 1939 in Bad Kreuznach in Deutschland stattfand, sollte die letzte Veranstaltung in dieser Zeit sein.
In den dunklen Jahren des Krieges hätte das O.I.V. verschwinden können.
Aber zwei Männer, der Präsident Édouard Barthe und der Generalsekretär Basile Samarakis (der den mobilisierten Léon Douarche ersetzte), sahen die Dinge anders. Mit unerschütterlichem Vertrauen in die Zukunft setzten sie sich dafür ein, dass das Werk des Friedens und des Fortschritts, das das Wesen des O.I.V. ausmachte, die Zeit überdauerte. Das O.I.V.-Bulletin erschien trotz allem und wurde überall dort verbreitet, wo es die Umstände erlaubten. Dies war ein Zeichen von bemerkenswerter Vitalität, ein Zeichen auch der Hoffnung. Schließlich wurde die Dokumentationsarbeit fortgesetzt, da die Forschung nicht völlig eingestellt worden war und die Weinberichterstattung vieler Länder seltsamerweise immer noch existierte. Diese Dokumentation sollte sich nach der Wiederherstellung des Friedens als unschätzbar wertvoll erweisen.
Mit der Beendigung des Konflikts wartete Präsident Barthe nicht auf die Unterzeichnung des Friedensvertrags, sondern berief in Paris eine inoffizielle Sitzung ein, an der etwa 20 diplomatische Vertreter aus 15 Mitgliedstaaten teilnahmen.
Ahnte er, dass neue Prüfungen auf die Organisation warteten? Die Gründung der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation, besser bekannt unter ihrer englischen Abkürzung FAO, durch die Vereinten Nationen stellte die Existenz aller internationalen Organisationen des Agrar- und Ernährungssektors in Frage.
Das O.I.V. fiel in diese Kategorie und stand nun, nachdem es mühsam die Gefahr der Auflösung überwunden hatte, vor der Gefahr, in einer anderen Organisation aufzugehen. Alle Hebel wurden daraufhin in Bewegung gesetzt, um dieser zu begegnen, und der Generalsekretär reiste im November 1948 und November 1949 zweimal nach Washington (wo die FAO zunächst ihren Sitz hatte), um für die Autonomie und Integrität des O.I.V. zu plädieren. Seine Aufgabe war äußerst schwierig, denn er musste jedes Mal vor großen Versammlungen mit Delegierten aus 60 Ländern bestehen, von denen die meisten dem Wein gegenüber feindlich gesinnt waren. Nur dank seiner Hartnäckigkeit und der wertvollen Unterstützung u. a. der französischen, italienischen, spanischen und portugiesischen Delegationen konnte sich das O.I.V. schließlich durchsetzen. Es wurde ein Abkommen unterzeichnet, in dem es heißt: „Die FAO darf die Aufgaben des O.I.V., das als zwischenstaatliche Organisation auf dem Gebiet des Weinbaus anerkannt ist, nicht ersetzen.“
Der Neuanfang
Im Juli 1946 fand eine ordentliche Generalversammlung statt, bei der 17 Länder vertreten waren und mehrere Vorträge gehalten wurden, die u. a. eine Bilanz der Kriegsjahre zogen und den Wiederaufbau des Weinbaus behandelten. Die Mitgliedsländer, die ihre Beiträge nicht mehr gezahlt hatten, kamen ihren Verpflichtungen wieder nach. Das O.I.V.-Bulletin erschien nun regelmäßig.
Die Türkei trat 1946 bei und lud im September 1947 zu einem Internationalen Kongress „Wein, Tafeltrauben und Rosinen“ in Istanbul ein. Im selben Jahr stand zum ersten Mal eine technische Frage über eine Weinkrankheit auf der Tagesordnung der Generalversammlung: die Reisigkrankheit. Das O.I.V. hatte sich also neu formiert und funktionierte ordnungsgemäß, als ein höchst bedeutendes Ereignis eintrat. Am 25. Juli 1949 starb Édouard Barthe, wodurch die Organisation ihres angesehenen Kopfes beraubt wurde.
Baron Pierre Le Roy de Boiseaumarie wurde drei Monate später zum Präsidenten gewählt und mit ihm begann eine neue Ära. In der Folge lenkte er, den man „der Welt ersten Winzer“ nannte, 17 Jahre lang die Geschicke des O.I.V. und verteidigte mit bewundernswerter Hartnäckigkeit einen Weinbau, der nicht auf Quantität, sondern auf Qualität setzt.
Die technischen Arbeiten nahmen bei den Generalversammlungen immer mehr Raum ein und beschäftigen sich mit Thematiken wie Genetik der Reben, Wahl der Rebsorten, Einfluss von Boden und Klima, Behandlung des Weins etc. Die Zielvorstellungen und Resolutionen betonten die Beschränkung der Pflanzungen, den Schutz der Herkunftsbezeichnungen und die Notwendigkeit einer strengen Regulierung der Weinproduktion und des Weinhandels.
1954 wurde in Paris ein neues Internationales Abkommen über die Vereinheitlichung der Methoden zur Untersuchung von Wein unterzeichnet. Dieses bestätigte eine bereits 1951 in Narbonne ins Leben gerufene Unterkommission „Analysemethoden“, die daraufhin eine bemerkenswerte Aktivität entwickelte.
Die Veröffentlichungen wurden durch die Herausgabe eines Verzeichnisses der Weinbau-Stationen und Önologie-Labors und des ersten Bandes des internationalen ampelographischen Registers erweitert. Man begann mit der Erstellung eines Lexikons der Weinrebe und des Weins in 7 Sprachen.
In dieser Phase der Entwicklung erlag der Direktor des O.I.V. nach der Rückkehr von einem anstrengenden Kongress in Chile einer Krankheit, die ihn schon seit einiger Zeit geplagt hatte. Am 17. Juli 1956 starb Basile Samarakis nach 17 Jahren an der Spitze des Weinamtes.
In den 50er und 60er Jahren, in denen die Wissenschaft ein beispielloses Ansehen genoss, kam es zur Gründung einer Vielzahl von internationalen Regierungs- und Nichtregierungsorganisationen, die sich auf technische Probleme konzentrierten. Gleichzeitig nahm die Zahl der Kongresse, Kolloquien, Konferenzen, Symposien usw. in beeindruckender Weise zu. Indem sie die Experten der unterschiedlichen Disziplinen zusammenbrachten, förderten sie die wissenschaftliche Forschung, den Austausch von Ideen und die Verbreitung von Wissen. Die Strukturen dieser Organisationen waren neu, rationaler und effizienter.
Es war also an der Zeit für das O.I.V., das damals sein 30-jähriges Jubiläum feierte, sich an
zupassen und zu einer modernen und für die Erfüllung seiner Aufgaben besser gerüsteten Institution zu werden.
Diese Erneuerung leitete schließlich René Protin ein. Der ehemalige Direktor für landwirtschaftliche Produktion im Landwirtschaftsministerium wurde am 20. Dezember 1956 zum Direktor des O.I.V. gewählt.
Zunächst erweiterte der neue Direktor die Ziele der Organisation, indem er auf Beschluss der Generalversammlung in Ljubljana 1957 den Namen der Organisation änderte. Er lautete von nun an: Internationales Amt für Rebe und Wein. Dann machte er sich daran, sie mit neuen Strukturen auszustatten, sowohl in Bezug auf ihre Funktionsweise als auch auf interner Ebene. Bereits im folgenden Jahr verabschiedete die Generalversammlung in Luxemburg wichtige Änderungen: Schaffung von drei Kommissionen, die ihrerseits Sachverständigengruppen bilden können; neue Arbeitsmethoden für die Generalversammlungen (die sich in ihrer Form nicht mehr wesentlich von Kongressen unterschieden); zusätzliche Befugnisse für den O.I.V.-Rat, d. h. den Präsidenten und vier Vizepräsidenten, zu dessen Aufgaben nun die Erstellung der Tagesordnungen zu technischen Themen zählte, usw.
Baron Le Roy, der die Arbeit des O.I.V. so stark mit seiner Persönlichkeit geprägt hatte, musste jedoch 1963 aus gesundheitlichen Gründen von seinem Posten zurücktreten.
Ihm folgten in den nächsten 15 Jahren:
- Eladio Asensio Villa (Spanien) von 1963 bis 1968
- Gherasim Constantinescu (Rumänien) von 1968 bis 1971
- Pier Giovanni Garoglio (Italien) von 1971 bis 1975
- Karl-Wilhelm Gartel (Deutschland) von 1975 bis 1979
Auch Direktor René Protin, der die Altersgrenze erreicht hatte, musste das O.I.V, dem er so gut gedient hatte, verlassen. Der neue Direktor, Paul Mauron, ein Generalingenieur des Landwirtschaftsministeriums, der im Mai gewählt wurde und im Juli 1973 sein Amt antrat, erkannte schnell, welche Aufgabe auf ihn zukam. Als hervorragender Organisator war er nicht nur darauf bedacht, die laufenden Tätigkeiten aufrechtzuerhalten, sondern dem O.I.V. auch die Mittel zu geben, um sich weiterzuentwickeln. Er schloss die 1957 begonnene Modernisierung der Strukturen ab, indem er ihnen eine neue Ausrichtung gab und sie ergänzte. Die neue Geschäftsordnung, die er 1974 auf der Generalversammlung in Riva del Garda vorschlug, ermöglichte eine Rationalisierung und Beschleunigung der Arbeit des O.I.V. Unter anderem wurde ein Technischer Ausschuss ins Leben gerufen, der sich als ganz besonders wichtig erwies, denn er ermöglichte, die Richtlinien des O.I.V. besser zu definieren und effizienter auf aktuelle Anliegen zu reagieren.
Langfristige Unternehmungen, die vor einigen Jahren begonnen worden waren, kamen zu einem erfolgreichen Abschluss: die endgültige Fassung eines Regelwerks für Weinwettbewerbe, ein umfassender Lehrplan für die Ausbildung von Önologen sowie die erste Phase von Arbeiten an einem Kodex der önologischen Praxis und endlich die Veröffentlichung eines Bandes.
Die Studien in bestimmten Bereichen konnten durch die Übermittlung an Sachverständigengruppen vertieft werden. Diese kamen regelmäßig zusammen, wurden von besonders kompetenten Fachleuten geleitet und verfügten über wissenschaftliche Sekretäre.
In dieser Zeit war das O.I.V. zu einer wichtigen Organisation geworden. Seine Aktivitäten hatten sich stark ausgeweitet und jeden Tag gewann es mehr Gewicht im Bereich Wissenschaft und Regulierung des Weinbausektors. So stieg die Zahl der Mitglieder ganz selbstverständlich von 17 im Jahr 1957 auf 30 im Jahr 1978, als die Organisation ihr 60-jähriges Bestehen feierte.
Gilbert Constant, der 1980 Paul Mauron in der Leitung des Amtes nachfolgte, übergab sein Amt 1986 an Generalinspektor Robert Tinlot, der die Zahl der neuen Mitglieder deutlich steigerte. Innerhalb von 15 Jahren hielt diese Entwicklung der internationalen Präsenz an und die Zahl der Mitgliedstaaten stieg auf 45, die mehr als 95 % der Produktion und des weltweiten Weinkonsums ausmachten. Diese Erweiterung spiegelte sich auch in der Vielfalt der Nationalitäten der folgenden Vorsitzenden wider:
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Stavroula Kourakou-Dragona (Griechenland) von 1979 bis 1982
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Beat Neuhaus (Schweiz) von 1982 bis 1985
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Mario Fregoni (Italien) von 1985 bis 1988
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Nikolai Pavlenko (UdSSR) von 1988 bis 1991
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Gabriel Yravedra (Spanien) von 1991 bis 1994
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Alejandro Hernández Muñoz (Chile) von 1994 bis 1997
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Fernando Bianchi de Aguiar (Portugal) von 1997 bis 2000
Die Erneuerung
Unter dieser letzten Präsidentschaft und mit der Ankunft eines neuen Generaldirektors, Georges Dutruc-Rosset, im Jahr 1997 begann eine fünfjährige Periode, die der Umgestaltung des O.I.V. gewidmet war. Diese Revision, die durch eine Resolution der Generalversammlung des O.I.V. am 5. Dezember 1997 in Buenos Aires (Argentinien) beschlossen wurde, hatte die „Modernisierung der Aufgaben und der personellen und materiellen Mittel des Amtes“ zum Ziel.
Bei seiner Gründung hatte das Internationale Amt für Rebe und Wein acht Erzeugerländer umfasst. Ein Jahrhundert später waren es 48, deren Visionen und Interessen in Bezug auf den Sektor bisweilen voneinander abwichen. Darüber hinaus hatte sich der internationale Handel erheblich ausgeweitet. Es war daher unerlässlich, dass das O.I.V. diese neuen Herausforderungen in einem für alle seine Mitglieder ausgewogenen Ansatz berücksichtigen konnte.
Nach dreieinhalb Jahren der Arbeit und Verhandlungen fand am 3. April 2001 die vierte Sitzung der Internationalen Konferenz der Mitgliedstaaten des Internationalen Amts für Rebe und Wein statt, die unter dem Vorsitz des Argentiniers Felix Aguinaga, Präsident des O.I.V. von 2000 bis 2003, abgehalten wurde. Sie schloss mit einem Internationalen Übereinkommen zur Gründung der Internationalen Organisation für Rebe und Wein ab und beendete damit den in Buenos Aires eingeleiteten Prozess.
Die wichtigsten Neuerungen dieses Übereinkommens betrafen die Aufgaben, die Beschlussverfahren und die Organe der OIV.
Die Aufgaben der neuen Organisation wurden modernisiert und angepasst, damit sie ihre Ziele verfolgen und ihre Befugnisse als zwischenstaatliche Einrichtung mit wissenschaftlichem und technischem Charakter und anerkannter Kompetenz in den Bereichen Rebe, Wein, weinhaltige Getränke, Tafeltrauben, Rosinen und andere Reberzeugnisse ausüben konnte.
Die neue Organisation, die das „Internationale Amt für Rebe und Wein“ ersetzt, hat die folgenden Ziele:
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ihre Mitglieder auf die Maßnahmen hinzuweisen, die eine Berücksichtigung der Anliegen der Erzeuger, Verbraucher und der anderen Beteiligten des Weinsektors ermöglichen;
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andere internationale zwischenstaatliche und nichtstaatliche Organisationen, insbesondere die mit Normung befassten, zu unterstützen;
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zur internationalen Harmonisierung der bestehenden Praktiken und Normen und nach Bedarf zur Ausarbeitung neuer internationaler Normen zur Verbesserung der Bedingungen für die Herstellung und Vermarktung von Weinbauerzeugnissen sowie zur Berücksichtigung der Verbraucherinteressen beizutragen.
Zur Erreichung dieser Ziele nimmt die Internationale Organisation für Rebe und Wein u. a. folgende Aufgaben wahr:
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Förderung und Lenkung von wissenschaftlicher und technischer Forschung;
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Erarbeitung und Formulierung von Empfehlungen und Überprüfung der Anwendung derselben gemeinsam mit ihren Mitgliedern, insbesondere auf folgenden Gebieten: Bedingungen der weinbaulichen Erzeugung, önologische Verfahren, Definition und/oder Beschreibung der Erzeugnisse, Etikettierung und Bedingungen für das Inverkehrbringen, Analyse- und Bewertungsmethoden für Reberzeugnisse;
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Vorlage von Vorschlägen an die Mitglieder zu folgenden Themen: Garantie der Echtheit von Reberzeugnissen, vor allem gegenüber den Verbrauchern, insbesondere bezüglich der Angaben auf dem Etikett, Schutz der geographischen Angaben, insbesondere der entsprechenden Weinbaugebiete und der Herkunftsbezeichnungen – mit oder ohne geographische Namen –, soweit diese die internationalen Übereinkünfte über Handel und geistiges Eigentum nicht in Frage stellen, Verbesserung der wissenschaftlichen und technischen Kriterien für die Anerkennung und den Schutz weinbaulicher Pflanzenzüchtungen;
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Beitrag zur Harmonisierung und Anpassung der Vorschriften durch ihre Mitglieder oder nach Bedarf Erleichterung der gegenseitigen Anerkennung der Praktiken in ihrem Zuständigkeitsbereich;
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Beitrag zum Gesundheitsschutz der Verbraucher und zur Lebensmittelsicherheit durch spezielle wissenschaftliche Beobachtung, welche die Bewertung der spezifischen Eigenschaften von Reberzeugnissen ermöglicht, durch Förderung und Lenkung der Forschung über Ernährungs- und Gesundheitsaspekte, durch Weitergabe der Informationen aus dieser Forschung an die Vertreter der Medizin- und Gesundheitsberufe.
Die übliche Art der Beschlussfassung der Generalversammlung über die Annahme allgemeiner, wissenschaftlicher, technischer, wirtschaftlicher und rechtlicher Resolutionsvorschläge wie auch über die Einsetzung oder Auflösung von Ausschüssen und Unterausschüssen ist der Konsens. Dies gilt gleichermaßen für den Exekutivausschuss in Ausübung seiner Befugnisse in diesem Bereich.
Das Organigramm für die Beschlussfassung bleibt im Wesentlichen gleich (Generalversammlung, Exekutivausschuss, Präsidium). Das Abstimmungssystem wurde geändert, um eine objektive Verteilung der gewichteten Stimmen zu gewährleisten, die nicht mehr der freien Wahl der Mitgliedsländer in Abhängigkeit von ihren Mitgliedsbeiträgen überlassen werden. Jedes Land hat zwei Grundstimmen, zu denen eine bestimmte Anzahl von Zusatzstimmen kommen, die aufgrund objektiver Kriterien zur Bestimmung der relativen Stellung jedes Mitgliedstaats im weltweiten Weinbausektor (Produktion, Fläche, Verbrauch) berechnet werden.
Außerdem sieht das Übereinkommen die Möglichkeit vor, dass sich eine internationale zwischenstaatliche Organisation an den Arbeiten der OIV beteiligt, was das im Beobachterstatus vorgesehene Kriterium der Gegenseitigkeit gewährleistet.
Schließlich kommen neben Französisch, Englisch und Spanisch als Amtssprachen auch Italienisch und Deutsch hinzu, was gemäß dem Übereinkommen eine offene und transparente Arbeitsweise der Organe der OIV ermöglicht.
Aber wie schon 1924, musste das neue Übereinkommen erst von den Staaten ratifiziert werden, bevor die neue Organisation mit dem neuen Mandat wirklich arbeiten konnte.
Am 23. Dezember 2003 wurde das Übereinkommen vom 3. April 2001 zur Gründung der Internationalen Organisation für Rebe und Wein vom französischen Parlament gebilligt, was das 31. Instrument darstellte, das das Inkrafttreten dieses internationalen Übereinkommens am 1. Januar 2004 ermöglichte. Gleichzeitig übergab Georges Dutruc-Rosset seinen Platz an den Italiener Federico Castellucci, der damit der erste nicht-französische Generaldirektor des „Amtes“ war und am 17. März 2004 in der Leitung der „Organisation“ bestätigt wurde.
Dieses Übereinkommen schuf eine neue Dynamik im weltweiten Weinbausektor durch die Einrichtung einer spezifischen, modernen zwischenstaatlichen Organisation, deren Arbeitsweise sie zu einem internationalen Forum für den Meinungsaustausch und die Annäherung der Standpunkte machte. Dies führte zur Annahme von Resolutionen oder wissenschaftlichen und technischen Empfehlungen im Bereich Weinrebe, Wein, weinhaltige Getränke, Tafeltrauben, Rosinen und anderen Reberzeugnisse. Sie trugen zur weiteren internationalen Harmonisierung von Verfahren und Vorschriften bei, die für die Entwicklung des internationalen Handels im Interesse der Erzeuger, Händler und Verbraucher unerlässlich sind.
Daran anknüpfend und unter dem Vorsitz von Prof. Dr. Reiner Wittkowski aus Deutschland (2003-2006) begann die Einführung einer neuen Funktionsweise. Es wurde eine neue Geschäftsordnung angenommen und vor allem der erste Strategieplan der Internationalen Organisation für Rebe und Wein erstellt. Er verlieh ihr eine Vision: die weltweit führende wissenschaftliche und technische Organisation für Rebe und Wein zu sein. Gleichzeitig bekräftigte er ihre Zielsetzung:
Gemäß den in Artikel 2.2 des Übereinkommens vom 3. April 2001 festgelegten Aufgaben fördert die OIV zur Verwirklichung ihrer Vision ein günstiges Umfeld für die wissenschaftliche und technische Innovation, die Verbreitung ihrer Ergebnisse und die Entwicklung des internationalen Weinsektors. Durch ihre Empfehlungen spielt sie eine führende Rolle bei der Erstellung internationaler Standards und Richtlinien, der Harmonisierung sowie beim Austausch von Informationen und Erkenntnissen, die auf nachgewiesenen wissenschaftlichen Grundlagen beruhen. Damit sollen die Produktivität, die Sicherheit und die Qualität der Produkte sowie die Bedingungen für die Herstellung und Vermarktung von Weinprodukten verbessert werden.
Zu Beginn dieses 21. Jahrhunderts entwickelte sich die OIV mit ihren 50 Mitgliedstaaten unter ihren Präsidenten und Präsidentinnen Peter Hayes (Australien, 2006-2009), Yves Bénard (Frankreich, 2009-2012), Claudia Quini (Argentinien, 2012-2015), Monika Christmann (Deutschland, 2015-2018), Régina Vanderlinde (Brasilien, 2018-2021) und Luigi Moio (Italien, 2021-2024) und ihren Generaldirektoren Jean-Marie Aurand (Frankreich, 2014-2018), Pau Roca (Spanien, 2019-2023) und John Barker (Neuseeland, ab 2024) zur maßgebenden Organisation des Weinbausektors, die sich mit allen zukunftsbestimmenden Fragen dieses Sektors befasst.
Die OIV steht im Zentrum der Herausforderungen aufgrund von klimatischen, gesellschaftlichen und digitalen Veränderungen. Sie erhöhte aus diesem Grund sowohl ihre personellen Kapazitäten dank der Erneuerung eines qualifizierten internationalen Sekretariats als auch ihre funktionellen Kapazitäten sowohl durch die Verlegung ihres Sitzes an einen optimierten Standort als auch durch die Entwicklung neuer Kommunikationsinstrumente, die den Austausch der wissenschaftlichen Gemeinschaft ihrer 50 Mitgliedstaaten erleichtern.