Leitlinien der OIV zur Untersuchung der Klimavariabilität im Weinbau vor dem Hintergrund des Klimawandels
RESOLUTION OIV-VITI 517-2015
LEITLINIEN DER OIV ZUR UNTERSUCHUNG DER KLIMAVARIABILITÄT IM WEINBAU VOR DEM HINTERGRUND DES KLIMAWANDELS
DIE GENERALVERSAMMLUNG,
AUF VORSCHLAG der Kommission I „Weinbau“,
GESTÜTZT auf Punkt E.1. des Strategieplans 2012-2014 der OIV, der die „Entwicklung einer gemeinsamen Methode zur Bewertung der Auswirkungen des Klimawandels auf den Weinbau (Wahl der Indikatoren unter Berücksichtigung des angestrebten Ziels, Untersuchung der empfohlenen Parameter)“ vorsieht,
GESTÜTZT auf die zahlreichen Arbeiten, die in den Sachverständigengruppen und insbesondere in der Sachverständigengruppe „Umwelt und Klimaentwicklung“ vorgelegt wurden, sowie auf den Beitrag der Kommission „Önologie“,
GESTÜTZT auf die Resolution OIV-VITI 423-2012 über die Leitlinien der OIV zur Weinbauzonierung, insbesondere auf den Teil, der sich mit der Klimazonierung befasst,
ANGESICHTS dessen, dass bereits eine Reihe von neuen Auswirkungen des Klimawandels beobachtet wurde und dass gemäß den Szenarien des zwischenstaatlichen Expertengremiums für Klimaveränderungen (IPCC) weitere Auswirkungen zu erwarten sind,
ANGESICHTS dessen, dass für die derzeit verfügbaren oder zu erstellenden Daten eine standardisierte Methode benötigt wird, um einen Ländervergleich zu ermöglichen,
ANGESICHTS dessen, dass weitere Daten erforderlich sind, um die Management-Strategien neuen Situationen anzupassen,
ANGESICHTS dessen, dass die von Argentinien im Rahmen eines OIV-Stipendiums 2009 eingeleitete Studie interessante Informationen zur Untersuchungsmethode und zu den erzielten Ergebnisse lieferte,
BESCHLIESST, folgende Leitlinien zur Untersuchung der Auswirkungen der Klimavariabilität auf den Weinbau vor dem Hintergrund des Klimawandels zu verabschieden:
Leitlinien der OIV zur Untersuchung der Klimavariabilität im Weinbau vor dem Hintergrund des Klimawandels
Einleitung
Als wesentliche Komponente des Weinbauterroirs wirkt sich das Klima stark auf die Rebenphysiologie, agronomische Merkmale (Leistung, Zusammensetzung von Trauben, Wein oder anderen unvergorenen Weinbauerzeugnissen) und die endgültige Qualität der Erzeugnisse aus.
Eine Untersuchung der Klimavariabilität ist erforderlich, um die angewandten Techniken an die eingetretenen oder absehbaren Änderungen anzupassen und die wesentlichen Eigenschaften der Erzeugnisse zu bewahren. Die Weinbauregionen unterliegen Klimaschwankungen von unterschiedlicher zeitlicher und räumlicher Dimension. Die Instrumente für die räumliche und zeitliche Analyse der klimatischen Bedingungen und für die Einteilung der Klimazonen sind in der Resolution OIV-VITI 423-2012 über die Klimazonierung im Weinbau beschrieben. In vorliegender Resolution werden Methoden zur Untersuchung der Klimavariabilität bis zum heutigen Zeitpunkt sowie für künftige Szenarien aufgezeigt. Sie gibt Aufschluss über die Folgen des Klimawandels im Weinbau und ermöglicht eine Bewertung der eventuellen Auswirkungen auf die Eigenschaften von Weinen und/oder anderen Weinbauerzeugnissen.
Um die Bedeutung und das Ausmaß der Änderungen zu bewerten, die durch den Klimawandel der letzten Jahrzehnte im weltweiten Weinbau hervorgerufen wurden, und Prognosen für die Mitte und das Ende des 21. Jahrhunderts zu ermöglichen, beschloss die OIV, eine Methodik zu entwickeln und mehrere Kriterien aufzustellen, um möglichst genaue und dem Weinbausektor angepasste wissenschaftliche Bewertungen durchzuführen und demzufolge Strategien vorzuschlagen, die eine Anpassung an eingetretene oder zu erwartende Änderungen ermöglichen.
Beschreibung der vorgeschlagenen Methodik in vier Schritten:
Erster Schritt: Zeitliche Abgrenzung der Studie
Mit den Untersuchungen zum Klimawandel im Weinbau können folgende Ziele verfolgt werden:
- Bewertung des bereits eingetretenen Klimawandels und seiner Auswirkungen auf den Weinbau,
- Vorhersage künftiger Klimaveränderungen und Bewertung ihrer Auswirkungen auf den Weinbau.
Die Untersuchungen zu bereits eingetretenen Klimaveränderungen beruhen je nach Ergebnis auf gespeicherten Klimadaten, Weinbaudaten (z.B. phänologische Veränderungen) und önologischen Daten (z.B. Veränderung der Zusammensetzung von Trauben, Most und Wein).
Um die Klimaauswirkungen aufzeigen zu können, sind lange Zeitreihen erforderlich: für Temperaturen und Niederschläge (Klimanormale gemäβ der Definition der Weltorganisation für Meteorologie) werden mindestens 30 Jahre empfohlen, für Studien auf der Grundlage künftiger Simulationen 20 Jahre und für Modelle in der Vergangenheit 30 Jahre. Historische Daten (Weinbau- und Klimadaten), die sehr lange Zeiträume abdecken, sind besonders wichtig.
Die Untersuchungen zu künftigen Klimaveränderungen stützen sich auf Klimamodelle, um Prognosen für Klimavariablen (Temperaturen, Niederschläge, usw.) für verschiedene Zeiträume aufzustellen. Dem Bericht des Zwischenstaatlichen Ausschusses für Klimaänderungen (IPPC) zufolge sollten 20-Jahresintervalle für den Zeitraum von 2050 bis 2100 oder später zugrundegelegt werden. Es können natürlich weitere Daten oder Zeiträume berücksichtigt werden, wie auch zusätzliche Klimavariablen wie z.B. Veränderungen bei Frühlingsfrosten, Hagel-Gewittern, Windböen oder Hitzeperioden in der Erntezeit. In einer zweiten Phase werden diese Klimaprojektionen mit Weinbaumodellen gekoppelt, um die Folgen für den Weinanbau und die Weinerzeugung abzusehen. Es können dann Empfehlungen zur Anpassung des Pflanzenmaterials (Anpassung von Sorten und Klonen, Unterlagen), der Weinbautechniken und/oder der Anlage von Rebflächen abgegeben werden, um den Weinbau an die neuen klimatischen Bedingungen anzupassen.
Bei umfassenden Studien zum Klimawandel im Weinbau werden sowohl eingetretene als auch künftige Klimaveränderungen untersucht. Diese Entwicklungen können jedoch auch im Rahmen getrennter Studien untersucht werden.
Zweiter Schritt: räumliche Abgrenzung der Studie
Die zeitliche Auflösung der Studie hängt unmittelbar von der räumlichen Datenauflösung ab. Bei einer hohen räumlichen Datenauflösung ist die Nutzung von Daten, die sich auf kurze Zeitintervalle beziehen, nicht relevant. Es wird dringend empfohlen, auf Übereinstimmung der beiden Untersuchungsmaβstäbe zu achten.
Es ist zu berücksichtigen, dass sich die Klimavariabilität nicht nur auf das Makroklima einer Region, sondern auch auf das Mesoklima und das Mikroklima (Pflanze) der Rebflächen auswirkt.
Ein kleinerer Untersuchungsmaßstab ist immer mit einer höheren Auflösung der Modellsimulationen und natürlich mit höheren Kosten verbunden.
Für die Anpassung an den weltweiten Klimawandel ist die Kenntnis lokaler Klimaverhältnisse von großer Bedeutung: räumliche Unterschiede, die auf lokale Bedingungen (Topographie, Bodenbeschaffenheit, usw.) zurückzuführen sind, können bei den für die nächsten Jahrzehnte simulierten Veränderungen gleicher Größenordnung oder größer sein.
Dritter Schritt: Festlegung der Klima- und Weinbauvariablen
Zur Durchführung der Untersuchungen zum Klimawandel können Klimavariablen, Bezugszeiträume, agroklimatische Indizes, phonologische, physiologische und phytopathologische Variablen sowie biologische und önologische Variablen verwendet werden.
Klimavariablen
Klimavariablen können täglich, monatlich oder jährlich berechnet werden. Um Klimaprojektionen mit phänologischen Modellen zu koppeln, ist für eine ausreichende Genauigkeit der Prognosen eine tägliche Berechnung oftmals erforderlich:
- Mittlere Temperatur [1]
- Höchsttemperatur
- Mindesttemperatur
- Niederschläge
- Sonneneinstrahlung
- Potentielle Evapotranspiration (ETP)[2]
- Tägliches maximales Dampfdruckdefizit (VPD)
- Kalte Tagesabschnitte im Winter oder während der Dormanz
Bezugszeiträume
- Jahr
- Monat
- Phänologische Stadien und Referenzindizes: April bis einschl. September in der nördlichen Hemisphäre und Oktober bis einschl. März in der südlichen Hemisphäre. Diese Referenzzeiträume werden empfohlen, um einen Vergleich der Weinbauregionen zu ermöglichen.
- Reifezeit der Trauben: von der Veraison bis zur Lese
- Hydrologische Zeiträume: hydrologischer Sommer (Wachstumsperiode Mai – Oktober in der nördlichen Hemisphäre) und hydrologischer Winter (auβerhalb der Wachstumsperiode, November-April in der nördlichen Hemisphäre). Niederschlag und potentielle Evapotranspiration sind wichtige Variablen für die Bewertung des Wasserhaushalts im Weinberg und für die Empfehlung von Strategien. Um die Liste der zusammengesetzten Klimavariablen zu vervollständigen, sollte zwischen Gesamtniederschlag und gesamter Evapotranspiration im hydrologischen Sommer und Winter unterschieden werden. Diese Informationen sind insbesondere wichtig, um Änderungen der Wassernutzung auβerhalb der Wachstumsperiode und der Auffüllung der Bodenwasserreserven zu erfassen. Informationen über den Gehalt an organischen Substanzen und die Wasserspeicherfähigkeit der Böden wären ebenfalls aufschlussreich. Diese Daten weisen jedoch eine hohe räumliche Variabilität auf und können nicht für ganze Regionen dargestellt werden.
Agroklimatische Indizes:
- Heliothermischer Index, Huglin (HI-Index)
- Gradtage, Winkler (GDD)
- Biologisch wirksame Gradtage, Gladstone (BEDD)
- Durchschnittstemperatur in der Wachstumsperiode (Average Growing Season Temperature oder AvGST) nach Jones
- u.a. auf dem Wasserhaushalt basierende Indizes wie der Trockenheitsindex (DI) oder die direkte Methode. Sollen die Auswirkungen des Klimas auf den Boden bewertet werden, ist eine Wasserspeicherkapazität von 100 – 200 mm relevant.
- Index der Nachkühle (CI)
- Tage der Vegetationsperiode mit Frostgefahr
- Höchsttemperatur in der Vegetationsperiode, insbesondere in der Zeit vor der Weinlese
- Index nach Selianinov [(∑P/Winkler Index) x 10]: Wirksamkeit des Niederschlags in der Wachstumsperiode
Die Berechnung mehrerer der aufgeführten Indizes ist der Resolution OIV-VITI 423-2012 zu entnehmen. Die räumliche Struktur des Klimawandels und ihre Auswirkungen innerhalb und zwischen Weinbaugebieten können anhand der in der Resolution OIV-VITI 423-2012 beschriebenen Zonierungsmethoden bewertet werden.
Bei Weinbaustudien in tropischen Klimazonen, die sich durch eine jahreszeitliche Klimavariabilität und häufig durch mehrere Wachstumsperioden und eine oder mehrere Weinlesen pro Jahr auszeichnen, können für die nördliche und die südliche Hemisphäre dieselben Klimavariablen oder –indizes (gleichzeitig) verwendet werden, um Vergleiche mit anderen Regionen der Welt zu ermöglichen.
Für eine vollständige Klimacharakterisierung sind ebenfalls andere Indizes zu berücksichtigen, die für Zeiträume berechnet werden, die dem Bioklima und der Rebenphänologie in tropischen Klimazonen entsprechen, in denen die Reben einen kürzeren Wachstumszyklus aufweisen. Für tropische Regionen, in denen die Reben mehrere aufeinanderfolgende Wachstumszyklen im selben Jahr aufweisen, können Indizes für aufeinanderfolgende Zeiträume von 4 Monaten (durchschnittliche Zykluszeit vom Austrieb bis zur Lese) berechnet werden.
Phänologische Variablen
Die Phänologie ist für die Bewertung der Auswirkungen des Klimawandels auf die Reben ein wichtiger Indikator:
- Zeitpunkt des Knospenaufbruchs (50% der Knospen in Stadium C nach Baggiolini)
- Zeitpunkt der Blüte (50% der Blütenknospen sind geöffnet)
- Zeitpunkt der Veraison (50% der Beeren weisen eine Verfärbung auf)
- Reifezeitpunkt
Technische Variablen
- Der Erntezeitpunkt entspricht der Verwendung der Trauben (Wein, Tafeltrauben und andere Erzeugnisse und Verwendungszwecke). (Die OIV empfiehlt, diesen Zeitpunkt möglichst anzugeben).
Den Mitgliedstaaten wird dringend empfohlen, lange Zeitreihen zu erstellen, bei denen die Daten „50 % in Blüte“ und „50 % in Veraison“ berücksichtigt werden, da diese für die Bewertung der Auswirkungen des Klimawandels auf das Verhalten der Reben ausschlaggebend sind. Diese Beobachtungen sollten für möglichst viele Rebsorten angestellt werden. Die Daten der Weinlese haben den Nachteil, dass sie nicht allein von Klimakriterien abhängig sind (Weinstil, Gesundheitszustand der Trauben, usw.). Bei langjährigen historischen Datenreihen sind Erntedaten jedoch leichte zugänglich als der Zeitpunkt der Blüte und der Veraison.
Physiologische Variablen
Diese Variablen hängen von den Produktionssystemen ab.
- Ertrag/ha oder Schnittgewicht (z.B. Index nach Ravaz).
- Wasserstatus der Rebe (z.B. Kohlenstoff-Isotopendiskriminierung durch δ13C, Messungen des Blatt- und Stammwasserpotentials). Der Wasserstatus der Rebe kann durch Messung der Diskriminierung des 13C-Isotops im Most aus reifen Trauben bestimmt werden (13C). Den Mitgliedstaaten der OIV wird empfohlen, Datenbanken zu diesem Kriterium einzurichten, um die Auswirkungen des Klimawandels auf die Wasserversorgung der Rebe zu bewerten, wobei die Bewässerung ggf. zu berücksichtigen ist. Aufgrund der Wirkungen der Wasserreserven des Bodens sind Mostproben immer den gleichen Parzellen zu entnehmen.
- Beobachtungen im Hinblick auf andere physiologische Probleme (z.B. Welken und Schrumpfen der Beeren).
Phytopathologische Variablen
Klimatische Veränderungen können zu einer Änderung des Verhaltens von Krankheitserregern und Schädlingen führen, die in einem Jahr in mehreren Zyklen auftreten und mehrere Generationen hervorbringen können. Zur Bewertung der klimatischen Veränderungen können historische Daten über das Auftreten von Schädlingen und Veränderungen ihres Zyklus auf Gebietsebene herangezogen werden. Die Entwicklung von Seuchen und Krankheiten und Variationen ihres Auftretens können im Zusammenhang mit dem Klima im Frühjahr und im Sommer untersucht werden.
Variablen in Bezug auf die Zusammensetzung von Trauben und Wein
Mit den Klimaveränderungen ändert sich die Zusammensetzung von Trauben und Wein. Es ist möglich, die Auswirkungen des Klimawandels auf die Zusammensetzung von Trauben und Wein zu bewerten und die Auswirkungen zukünftiger Klimaänderungen zu modellieren. Die Datenreihen (Werte sollten als Bezugseinheiten angegeben werden) beziehen sich jeweils auf eine Sorte in einem bestimmten Anbaugebiet, in dem keine agronomischen Eingriffe erfolgten.
Tafeltrauben
- Zuckergehalt
- Gesamtsäure
- Beerengewicht
- pH-Wert
Keltertrauben
- Zuckergehalt
- Gesamtsäure
- Beerengewicht
- pH-Wert
Sofern möglich, kann die Bestimmung des Gehalts an organischen Säuren (Apfelsäure und Weinsäure), aromatischen Verbindungen, Polyphenolen und anderen Verbindungen in Beeren sinnvoll sein. Ebenso sind Aspekte der Pflanzengesundheit zu berücksichtigen.
Zusammensetzung des Weins
- Alkohol
- pH-Wert
- Gesamtsäuregehalt
Vierter Schritt: Wahl der Klimamodelle und Szenarien
Klimaprojektionen werden meistens im Rahmen des Gekoppelten Modellvergleichsprojekts (CMIP) durchgeführt. Sie umfassen Klimasimulationen, die anhand von verschiedenen Modelltypen unterschiedlicher Komplexität vorgenommen werden. Einige Modellrechnungen basieren auf verschiedenen globalen Szenarien. Diese Szenarien berücksichtigen mögliche Entwicklungen der sozioökonomischen Faktoren, der Landnutzung, der Emissionsverläufe von Gasen und Aerosolen. Daraus ergibt sich der Strahlungsantrieb, der bei Klimamodellen berücksichtigt wird. Nach diesen Szenarien ergeben sich aus den Klimamodellen langfristig zahlreiche und von einander abweichende Klimaverläufe (2100). Der dritte und der vierte Bewertungsbericht des IPCC (2000 und 2007) basieren auf dem Sonderbericht über Emissionsszenarien (SRES). Im fünften Bericht (2007) werden die Ergebnisse der Klimamodelle unter Berücksichtigung der Repräsentativen Konzentrations-Pfade (RCP) analysiert. In jedem Versuch könnten zwei extreme und ein mittleres Szenario ermittelt werden, die jeweils zu einer moderaten, sehr starken oder mittleren Erderwärmung führen.
Für die Bewertung der Auswirkungen des Klimawandels auf den Weinbau wird empfohlen, diese drei Gruppen von Szenarien zu verwenden, insbesondere für die Bewertung der langfristigen Klimaauswirkungen (Ende des 21. Jahrhunderts oder später). Mittelfristig (2050) werden moderate, aber nicht zu vernachlässigende Änderungen gemäβ den Szenarien simuliert. Mittelfristige Klimaprojektionen weichen jedoch für das gleiche Szenario je nach Klimamodell stark voneinander ab. Für die mittelfristige Bewertung der Auswirkungen des Klimawandels auf den Weinbau wird daher empfohlen, die Ergebnisse mehrerer Modelle zu vergleichen.
Für agroklimatische Modellierungen, bei denen für die Klimadaten tägliche oder noch kürzere Zeitintervalle berücksichtigt werden, sowie für Bewertungen des Klimawandels mit räumlichen Maβstäben auf Meso- und Mikroebene (z.B. innerhalb eines Weinbaugebiets) sind Daten mit hoher räumlicher Auflösung notwendig, um relevante Ergebnisse für den Weinbau zu erhalten. Bei globalen Klimamodellen, die im Rahmen des CMIP verwendet wurden, erfolgen die Klimasimulierungen mit niedriger räumlicher Auflösung (ca. 100 km oder mehr). Höhere räumliche Auflösungen können anhand regionaler Modelle (z.B. dynamische Herunterskalierung) oder durch statistische Methoden (z.B. statistische Herunterskalierung) erzielt werden. Durch diese Methoden können stündlich bis täglich Daten für die agroklimatische Modellierung und die Bewertung des Klimawandels in Weinbauregionen erstellt werden.
[1] Um die mittlere Temperatur mit langjährigen Datenreihen zu vergleichen, wird sie anhand des arithmetischen Mittels der Mindest- und der Höchsttemperaturen ermittelt, auch wenn die Berücksichtigung der Tagestemperaturen anhand stündlicher Daten einen genaueren Mittelwert ergäbe.
[2] Angabe auch als Referenz-Evotranspiration (ET0). Bereitstellung der Leitlinien zur Berechnung der ET0 durch Food and Agriculture evapotranspiration in Allen, R.G., Pereira, L.S., Raes, D., Smith, M., 1998. Crop evapotranspiration: guidelines for computing crop water requirements. Food and Agriculture Organization (FAO), Rome Italy, 300p.