Definition und allgemeine Kriterien der OIV für den Präzisionsweinbau
RESOLUTION OIV-VITI 593-2019
DEFINITION UND ALLGEMEINE KRITERIEN DER OIV FÜR DEN PRÄZISIONSWEINBAU
DIE GENERALVERSAMMLUNG,
AUF Vorschlag der Kommission „Weinbau“,
GESTÜTZT auf Artikel 2 Absatz 2 b i) des Übereinkommens vom 3. April 2001 zur Gründung der Internationalen Organisation für Rebe und Wein und die Ziffer 1.b.i des Strategieplans 2015-2019 der OIV hinsichtlich der Charakterisierung und Bewertung nachhaltiger Produktionsgrundsätze und der Festlegung verschiedener Produktionsmethoden,
GESTÜTZT auf die zahlreichen Arbeiten, die in den Sitzungen der Sachverständigengruppen der OIV und insbesondere in der Sachverständigengruppe „Management und Innovation von Weinbautechniken (TECVIT)“ vorgestellt wurden, und auf Vorschlag dieser Sachverständigengruppe,
GESTÜTZT auf die Resolution VITI 4/2006 über die Zonierung im Weinbau und insbesondere auf den Teil, der sich mit der Untersuchung neuer Technologien (Fernerkundung, Präzisionslandwirtschaft) befasst, die darauf abzielen, erhebliche Fortschritte der Zonierung zu ermöglichen und das Management der natürlichen Vielfalt von Weinbausystemen zu gewährleisten,
IN ANBETRACHT der Notwendigkeit, technische Protokolle und bewährte Verfahren zu Präzisionstechniken im Weinbau, die bereits im Einsatz sind oder derzeit entwickelt werden, zu ermitteln und zusammenzustellen und der Forderung nach einem standardisierten Rahmen, um einen Vergleich der Anwendungen in verschiedenen Regionen und/oder Ländern zu ermöglichen,
BESCHLIESST, die Definition und allgemeinen Kriterien des Präzisionsweinbaus festzulegen:
DEFINITION UND ALLGEMEINE KRITERIEN DER OIV FÜR DEN PRÄZISIONSWEINBAU
1. OIV-DEFINITION DES PRÄZISIONSWEINBAUS
2. ALLGEMEINE GRUNDSÄTZE DER OIV FÜR DEN PRÄZISIONSWEINBAU
2.3. Vorteile und Einschränkungen des Präzisionsweinbaus
1. OIV-DEFINITION DES PRÄZISIONSWEINBAUS
Die OIV definiert den Präzisionsweinbau wie folgt (siehe Literaturverweise 1) und 2):
Der Präzisionsweinbau ist ein zyklischer Managementansatz für Aktivitäten vor Ort, der auf Informations- und Technologiewerkzeugen basiert und verschiedene Quellen weinbaubezogener Daten nutzt, um die standortspezifische Entscheidungsfindung mit dem Ziel der Optimierung von Produktionsprozessen zu unterstützen.
2. ALLGEMEINE GRUNDSÄTZE DER OIV FÜR DEN PRÄZISIONSWEINBAU
2.1. Prämisse
Gegen Ende des letzten Jahrhunderts nahm das Interesse an den Techniken des Präzisionsweinbaus im internationalen Weinbausektor zu.
Der Präzisionsweinbau (PW) nutzt eine Reihe von Informationstechnologien, um die Variabilität seiner Produktionssysteme zu verstehen und die Variabilität im Weinberg zu quantifizieren und zu kartieren, um somit die Bewirtschaftung auf die tatsächlichen Bedürfnisse jedes einzelnen Bereichs auszurichten (standortspezifisches Management). Eine Reihe von Instrumenten, wie z.B. bodennahe Sensoren oder Wettersensoren, Fernerkundung (Satelliten-, Luft- oder Drohnen-UAVs-Fernerkundung), globale Satellitennavigationssysteme (GNSS), geographische Informationssysteme (GIS) und Robotik, können verwendet werden.
Die räumliche Variabilität eines bestimmten Weinbergs kann auf Unterschiede der einzelnen Elemente oder Merkmale der natürlichen, biologischen und agronomischen Faktoren zurückzuführen sein, die sich auf die Rebenleistung und die Ausprägung der Eigenschaften von Trauben und Wein auswirken. Diese Faktoren können natürlich oder aufgrund menschlicher Aktivitäten vorhanden sein.
2.2. Grundprinzipien
Die Entscheidungsfindung nach den Grundsätzen des Präzisionsweinbaus (standortspezifische Bewirtschaftung) ist effizienter, wenn:
- die Ziele der Anwendung des Präzisionsweinbaus klar definiert sind,
- die Variation ausreichend groß und zeitlich stabil ist,
- eine getrennte Bewirtschaftung abgegrenzter Zonen möglich ist.
Der Präzisionsweinbau hat im Weinbausektor aus den folgenden Gründen viel Aufmerksamkeit gefunden:
- Reben sind Kulturpflanzen mit hoher Wertschöpfung,
- Rebflächen weisen eine hohe räumliche Variabilität auf kleiner Fläche auf,
- der Stoffwechsel der Rebe reagiert stark auf Umweltreize.
2.3. Vorteile und Einschränkungen des Präzisionsweinbaus
Es sind folgende Vorteile des Präzisionsweinbaus anzuführen:
Verbesserte Erstellung von Rebflächen
- Festlegung einer ordnungsgemäßen Bewirtschaftung vor der Bepflanzung der einzelnen Parzellen
- Auswahl der Unterlagen, Sorten, Bepflanzungsdichte und Erziehungssysteme für jede Parzelle
- Gestaltung des Bewässerungsnetzes, der Entwässerung, der Bodenbearbeitung und der Parzelle
Gezieltes Rebenmanagement
- Variable Ausbringung von Betriebsmitteln (Pflanzenschutzmittel, Wachstumsregulatoren, Düngung, Bewässerung, usw.) unter Berücksichtigung des tatsächlichen Bedarfs der jeweiligen Parzelle und der Grundsätze der nachhaltigen Landwirtschaft
- Erziehungssysteme für ein differenziertes Laubwand-Management
- Differenzierte Bewirtschaftung jeder Bewirtschaftungseinheit (Begrünung, Bodenmanagement, Verhinderung der Bodenerosion, usw.)
- Differenzierte Traubenlese unter Berücksichtigung der analytischen und sensorischen Eigenschaften der Trauben und der Spezifikationen der daraus gewonnenen Erzeugnisse (vorgesehener Verwendungszweck), auch wenn sich diese nicht in zusammenhängenden Gebieten befinden
- Schaffung der Grundlagen der Rückverfolgbarkeit für alle nachgelagerten Prozesse
(direkte oder indirekte) finanzielle Einsparungen
- Optimierung der Betriebsmittelkosten, Arbeitskosten, Energiekosten, usw.
- Kosten- und Gewinnausgleich für jede Weinbergzone abhängig vom Wertpotential
Erhöhung der Nachhaltigkeit des Weinbaus
Verbesserung der Probenahme und Versuchsplanung
Erleichterung der Zonierungsverfahren (OIV-Resolution VITI 423-2012)
Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass im Präzisionsweinbau einige Einschränkungen bestehen:
Um den größtmöglichen Nutzen zu erzielen, ist die Kenntnis der Art und Ursachen der Variabilität erforderlich, wobei diese in Zusammenhang mit der Art des Erzeugnisses zu bringen sind: Zusammensetzung von Trauben und Wein
Die allgemeinen Kriterien und Empfehlungen der OIV für den Präzisionsweinbau sind an die Produktart anzupassen und können bei abweichenden Bedingungen nicht verallgemeinert werden.
Die technologischen Anforderungen an den Präzisionsweinbau können hoch sein.
Der Präzisionsweinbau sollte kosteneffizient sein.
Die Einschränkungen betreffen insbesondere den Bedarf an globalen Satellitennavigationssystemen (GNSS), verfügbaren ferngesteuerten Sensorsystemen, Überwachungssensoren, statischen Feldsensoren (Messungen von Klimafaktoren, Bodeneigenschaften, usw.), Laubwand-Analysen, Parametern der Ertragsprognose und verschiedenen geographischen Informationssystemen (GIS), Geräten mit automatischer Regelung (z.B. Applikatoren mit variabler Dosierung für diverse Betriebsmittel), Erntemaschinen mit variablen Raten und Ertragskontrolle, usw.
3. LITERATUR
- Bramley R.G.V; B. Pearse and P. Chamberlain (2003). Being Profitable Precisely – A case study of Precision Viticulture from Margaret River. Australian Grapegrower and Winemaker 473a, 84–87
- McLoud, P.R; R.Gronwald and H. Kuykendall (2007). Precision Agriculture: NRCS Support for Emerging Technologies. Agronomy Technical Note, No. 1, 1-9.