OIV-Protokoll für eine nachhaltige Wassernutzung im Weinbau

Status: In Kraft

OIV-Protokoll für eine nachhaltige Wassernutzung im Weinbau

RESOLUTION OIV-VITI 569-2018

OIV-PROTOKOLL FÜR EINE NACHHALTIGE WASSERNUTZUNG IM WEINBAU

DIE GENERALVERSAMMLUNG,

AUF Vorschlag der Kommission I „Weinbau“,

GESTÜTZT auf Artikel 2, Absatz 2 b iii) des Übereinkommens vom 3. April 2001 zur Gründung der internationalen Organisation für Rebe und Wein sowie auf Ziffer 1.C.i des OIV-Strategieplans 2015-2019, der den „Vorschlag von Maßnahmen für das Management des Wasserverbrauchs“ vorsieht,

IN ANBETRACHT der in den Sachverständigengruppen der OIV und insbesondere in der Sachverständigengruppe „Management und Innovation von Weinbautechniken (TECVIT)“ vorgestellten Arbeiten und auf Vorschlag dieser Sachverständigengruppe,

IN ANBETRACHT der Resolution VITI 5/1998 über die Auswirkungen der Trockenheit und Empfehlungen zur Untersuchung aller wissenschaftlichen, technischen und sozioökonomischen Aspekte, um ernste Folgen eines Wassermangels einzudämmen,

IN ANBETRACHT der Resolution VITI 1/1999 über die integrierte Erzeugung und insbesondere auf den Teil, der sich mit bewährten Umweltpraktiken für die bessere Begrenzung der nachteiligen Folgen für Produzenten und die belebte und unbelebte Umwelt befasst,

IN ANBETRACHT der Resolution VITI 2/2003 über die angemessene Bewässerung im Weinbau und die dort beschriebenen Grundsätze,

IN ANBETRACHT auf die Resolutionen CST 1/2008 und VITI 422/2011 über den nachhaltigen Weinbau und die nachhaltige Erzeugung von Tafeltrauben, insbesondere auf den Teil, der sich mit Bewässerungspraktiken und Empfehlungen zur Wasserwirtschaft befasst,

IN ANBETRACHT der Resolution CST 518/2016 über die allgemeinen Grundsätze des nachhaltigen Weinbaus – soziale, wirtschaftliche und kulturelle Aspekte - und die daraus resultierenden Leitlinien,

IN ANBETRACHT der Notwendigkeit, die Informationen und Empfehlungen aller OIV-Resolutionen über die Wasserwirtschaft zusammenzustellen, bevor weitere Resolutionen in diesem Bereich erstellt werden, die sich z.B. mit dem Wasserfußabdruck befassen,

BESCHLIESST folgendes technisches Protokoll für eine nachhaltige Wassernutzung im Weinbau anzunehmen:

OIV-PROTOKOLL FÜR EINE NACHHALTIGE WASSERNUTZUNG IM WEINBAU

Einleitung:

Angesichts der begrenzten Wasserversorgung in bestimmten Gebieten, Regionen und Jahren und des Erfordernisses, Wasser in der weinbaulichen Erzeugung möglichst wirksam und effizient zu nutzen, ist es notwendig, eine gute Praxis der Wasserwirtschaft auf der Grundlage der Nachhaltigkeitsgrundsätze der Resolution 518/2016 festzulegen.  

Eine genauere Betrachtung der Nachhaltigkeit im Weinberg, des Wasserverbrauchs und der Regeln der Wassernutzung durch alle Beteiligten ist ebenfalls wichtig, fällt aber nicht in den Geltungsbereich dieser Leitlinien.

Der Energiebedarf für die Herstellung der Bewässerungsausrüstung und die Infrastruktur für das Pumpen von Wasser zur Bewässerungs und das Entwässerungsmanagement werden in diesem Dokument nicht im Einzelnen aufgeführt, sollten aber bei der Betrachtung der nachhaltigen Wassernutzung im Weinbau berücksichtigt werden.  

Herstellungsverfahren verbrauchen Wasser und mindern ebenfalls die Wasserqualität (1), was weitgehend auf die Entwässerung, die Entsorgung von überschüssigen Produktionsmitteln und Abwassereinleitungen zurückzuführen ist. Durch eine nicht nachhaltige Bewässerung im Weinbau können örtliche Oberflächenwasser- oder Grundwasserspeicher erschöpft werden. Es wäre daher von Nutzen, den Verbrauch einzuschränken, die Effizienz der Wassernutzung zu optimieren und den gesamten Wasserfußabdruck zu verbessern.

Sollte der bewässerungsfreie Anbau nicht mehr tragfähig und die Umstellung auf eine Bewässerung im Weinbau erforderlich sein, sollten verbesserte Technologien und Techniken wie die Tröpfchenbewässerung, die regulierte Defizitbewässerung (RDI) und Technologien der Überwachung und Kontrolle des Wasserhaushalts der Parzelle angewendet werden, um die Qualität der Früchte und die Effizienz der Wassernutzung zu gewährleisten. Diese Bewirtschaftungstechniken können Sekundäreffekte auf die Förderung des Wachstums der Pflanzendecke im Weinberg und Unkräuter haben. 

Bei Herstellungsverfahren für Tafeltrauben, Trockenfrüchte oder Saft kann eine Anpassung der Grundsätze und Techniken erforderlich sein. Um die Wirtschafts- und Produktivitätsziele zu erreichen, wird hier in der Regel mehr Wasser benötigt. Die im folgenden angeführten Grundprinzipien können jedoch an diese Formen des Weinbaus angepasst werden

Allgemeine Grundsätze:

Auswahl des Standorts und Planung

Regionale Anforderungen und Erfordernisse der Landschaftsplanung, hydrologische Überlegungen zur Bewässerung und/oder Entwässerung sowie der lokale oder regionale Wettbewerb um Wasser sollten bei der Planung und Verwaltung von Weinbausystemen berücksichtigt werden. In trockenen Klimazonen kann das Anlegen von Rebflächen auf Böden mit hohen oder mittleren Wasserreserven einen Weinbau ohne oder mit minimaler Bewässerung unterstützen. Angesichts der hohen Investitionen, die in der Regel in Bewässerungssysteme getätigt werden, sollte durch Studien ermittelt werden, ob angemessene und gleichbleibende Niederschläge vorhanden sind, um einen rentablen Weinbau ohne Bewässerung zu gewährleisten. Alternativ dazu ist ein erschwinglicher, vorhersehbarer und ausreichender Zugang zu Wasser für Bewässerungszwecke sicherzustellen, der für die Nachhaltigkeit bewässerter Rebflächen von grundlegender Bedeutung ist. Der Verbrauch von Bewässerungswasser aus nicht erneuerbaren Grundwasserspeichern und ihre Übernutzung sollten vermieden werden. Zudem ist es ratsam, den Bedarf anderer aktueller und potentieller Nutzer in den betreffenden Gebieten zu berücksichtigen, um einen geplanten Wasserverbrauch langfristig sicherzustellen

Obwohl die vorliegenden Leitlinien für die nachhaltige Wassernutzung im Feld gelten, sollten auch folgende Punkte berücksichtigt werden, sofern sie in den Zuständigkeitsbereich einer Behörde, eines Unternehmens oder eines Winzers fallen:    

  • Gebäude, Ausrüstungen, Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Herstellung von Trauben, Wein und getrockneten Trauben, Verpackungseinrichtungen und alle damit verbundenen Infrastrukturen sind im Hinblick auf eine optimale Wassernutzung zu planen und einzurichten.   
  • So sind z.B. Standorte in Regionen mit sensiblen Wassereinzugsgebieten, hohem Grundwasserspiegel und Überschwemmungsgefahr zu meiden, sofern keine wirksamen Minderungs- und Bewirtschaftungsmaßnahmen ohne negative Auswirkungen auf die Umwelt angewendet werden können.

Wasserverbrauch im Weinberg:

Wesentliche Faktoren des Wasserbedarfs im Weinberg, der allgemein als Evapotranspirationsbedarf der Pflanzen bezeichnet wird, sind die atmosphärischen Bedingungen, insbesondere die auftretende Sonnenstrahlung, die Lufttemperatur und -feuchtigkeit sowie die Windgeschwindigkeit, da sie in Wechselwirkung mit der Laubwand der Reben und der Bodenvegetation des Weinbergs stehen und seinen aktuellen Wasserbedarf (ET Rebe) bestimmen. Der aktuelle Wert bezieht sich in der Regel auf die überwachten und erfassten örtlichen Parameter der Evapotranspiration oder auf den örtlichen Bedingungen angepasste Modelle.

Aufgrund der großen Vielfalt der Klimazonen und jahreszeitlich bedingten Witterungsbedingungen der weltweit bestockten Rebfläche sollte die Schätzung des Wasserbedarfs für Neupflanzungen und die kontinuierliche Wasserversorgung auf die jeweilige Situation zugeschnitten sein. 

Regionale und Standortbedingungen wie auch Ertragsziele und andere Produktionsziele haben einen erheblichen Einfluss auf den Bewässerungsbedarf der einzelnen Rebflächen. In einigen Situationen, ermöglicht die Kombination von Bodentyp und Bodentiefe, die das Wurzelsystem erschließen kann, die Bereitstellung der Wassermenge (leicht nutzbare Wasserreserve), die dem Bedarf der Rebe entspricht, und dient als Puffer gegen Schwankungen von Niederschlagszeitpunkt und -menge. Die Erfordernisse der Einrichtung eines Bewässerungssystems sind anhand üblicher Methoden zur Bewertung des Wasserstatus zu prüfen.

Die Bedeutung von Unterlage, Rebsorte, Klon, Erziehung, Laubwandarchitektur usw. ist ebenfalls zu berücksichtigen.

Bei Rebflächen in Gebieten, die eine Bewässerung erfordern, d.h. aride bis semiaride Gebiete, sollten sich der Zeitplan und die Bewässerungsmenge an der Überwachung des Wasserstatus im Weinberg orientieren, um die Effizienz der Wassernutzung zu optimieren. Gleichzeitig ist auf eine angemessene Entwässerung (Anteil der Auswaschung) zu achten, um den für die Funktion der Rebe angemessenen Salzgehalt des Bodens aufrechtzuerhalten.

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Abb. 1 Wasserkreislauf nach (2) und (3)

Légende:

Evapo-transpiration = Evapotranspiration, Condensation =Kondensation, Precipitation = Niederschlag, Evaporation = Verdunstung, Transpiration = Transpiration, Runoff = Abfluss, Infiltration = Infiltration,

Irrigation = Bewässerung, Surface water= Oberflächenwasser, Soil Water Balance = Bodenwasserhaushalt, Deep drainage = Tiefenentwässerung, Groundwater = Grundwasser 

Rebsorten und deren Klone können sich dem Wasserstress unter vielfältigen Bedingungen erfolgreich anpassen, insbesondere in Kombination mit geeigneten Unterlagen.

Wenn die Boden- und Klimafaktoren zu häufiger und/oder starker Trockenheit führen (und die Möglichkeiten einer ganzjährigen Bewässerung eingeschränkt sind), wird dringend empfohlen, schon bei der Anlage des Weinbergs geeignete Kombinationen von toleranten Edelreis- und Unterlagssorten, Klonen und Erziehungssystemen auszuwählen, die an die Standortbedingungen angepasst sind.

Sodann können durch Optimierung der Menge der Wasserzufuhr Vorteile erzielt werden, wobei folgendes zu berücksichtigen ist: Rebenpflanzgut, Erziehungssysteme, Produktionsziele (Menge und Qualität), die von Zeit zu Zeit und unter Berücksichtigung der jahreszeitlich bedingten unterschiedlichen Witterungsbedingungen neu festgelegt werden können. Saisonale Anpassungsstrategien können die Bodenbewirtschaftung (z.B. Bodenbearbeitung, Verwendung von Deckfrüchten usw. zur Regulierung des Wasserhaushalts der Begrünung in den Gassen oder zur Kontrolle der Konkurrenz um Wasser), Techniken des Sommerschnitts (Ausdünnen und Schneiden der Triebe), Ertragsregulierung durch Grünlese, usw. umfassen.

Eine nachhaltige Wassernutzung wird somit durch eine angemessene Auswahl und Bewirtschaftung der Rebfläche, des Pflanzenmaterials, der Böden, der Vegetation zwischen den Reihen und einer angemessenen und rechtzeitigen Wasserversorgung mit Minimierung der Tiefenentwässerung, des Abflusses und des Evaporationsverlusts erzielt. 

Es können weitere praktische Leitlinien berücksichtigt werden, wie z.B. die „OIV-Leitlinien für eine nachhaltige Wassernutzung im Weinbau“, die als Gutachten der OIV veröffentlicht und laufend aktualisiert werden.   

Literatur

  1. Viers, J. H., Williams, J. N., Nicholas, K. A., Barbosa, O. , Kotzé, I. , Spence, L. , Webb, L. B., Merenlender, A. and Reynolds, M. (2013), Vinecology: pairing wine with nature. Conservation Letters, 6: 287-299. doi:10.1111/conl.12011.
  2. Taikan Oki, T., Shinjiro, K. Global Hydrological Cycles and World Water Resources. Science. 25 Aug 2006: 1068-1072.
  3. Van Leeuwen; C; T. Dufourçq; N. Ollat; J.-P. Roby; E. Goulet; P. Pieri; E. Lebon; X. Delpuech; C. Debord; E. Neethling; H. Quénol; G. Barbeau (2014). Gestion du régime hydrique de la vigne. Ed. IFV, 43p.