Bestimmung der flüchtigen Säuren von Traubensaft, rückverdünntem Traubensaft, konzentriertem Traubensaft und Traubennektar
RESOLUTION OIV-OENO 662C-2022
BESTIMMUNG DER FLÜCHTIGEN SÄUREN VON TRAUBENSAFT, RÜCKVERDÜNNTEM TRAUBENSAFT, KONZENTRIERTEM TRAUBENSAFT UND TRAUBENNEKTAR
Typ IV-Methode
DIE GENERALVERSAMMLUNG,
GESTÜTZT auf Artikel 2 Absatz IV des Übereinkommens vom 3. April 2001 zur Gründung der Internationalen Organisation für Rebe und Wein,
AUF VORSCHLAG der Unterkommission „Analysemethoden“,
IN DER ERWÄGUNG, dass für Traubensaft, rückverdünnten Traubensaft, konzentrierten Traubensaft und Traubennektar die Anwendung der Methode OIV-MA-AS313-02 (Flüchtige Säuren) der Sammlung Internationaler Analysemethoden für Wein und Most vorgeschlagen wird,
IN DER ERWÄGUNG, dass für konzentrierten Traubensaft vor der Analyse eine einfache Verdünnung vorzunehmen ist,
BESCHLIESST, die folgende Methode einzufügen:
BESTIMMUNG DER FLÜCHTIGEN SÄUREN VON TRAUBENSAFT, RÜCKVERDÜNNTEM TRAUBENSAFT, KONZENTRIERTEM TRAUBENSAFT UND TRAUBENNEKTAR
Typ IV-Methode
1. Anwendungsgebiet
Die Methode dient der Bestimmung der flüchtigen Säure von Traubensaft, rückverdünntem Traubensaft, konzentriertem Traubensaft und Traubennektar in Konzentrationen von 0,11 bis 1,09 g/L Essigsäure durch Titration.
2. Definition
Die flüchtigen Säuren setzen sich aus den Homologen der Essigsäure zusammen, die in Traubensaft, rückverdünntem Traubensaft, konzentriertem Traubensaft und Traubennektar in freier oder salzartig gebundener Form enthalten sind.
3. Prinzip
Die flüchtigen Säuren werden von Traubensaft, rückverdünntem Traubensaft, konzentriertem Traubensaft* und Traubennektar durch Dampfdestillation abgetrennt und mit Natronlauge bekannter Konzentration titriert. Die unter diesen Bedingungen destillierte freie und gebundene schweflige Säure wird von den flüchtigen Säuren abgezogen. Sorbinsäure, die dem Traubensaft, rückverdünnten Traubensaft, konzentrierten Traubensaft und Traubennektar eventuell zugegeben wurde, wird ebenfalls abgezogen.
Hinweis: Ein Teil der Salicylsäure, die zur Stabilisierung des Traubensafts vor der Analyse verwendet wurde, ist im Destillat enthalten. Dieser muss gemäß Ziffer 7.2 bestimmt und vom Säuregehalt abgezogen werden.
4. Reagenzien und Materialien
4.1. Reagenzien
4.1.1. Weinsäure, 99,5 % (C4H6O6), CAS [87-69-4]
4.1.2. Natriumhydroxid (NaOH), CAS [1310-73-2], Lösung (0,1 M)
4.1.3. Phenolphthalein, 98 % (C20H14O4), CAS [77-09-8]
4.1.4. Salzsäure (HCl), 37 %, CAS [7647-01-0]
4.1.5. Jod (I2), CAS [7553-56-2], Lösung (0,005 M)
4.1.6. Kaliumiodid (KI), 99,0 %, CAS [7681-11-0]
4.1.7. Stärke (C6H10O5), CAS [9005-84-9]
4.1.8. Natriumtetraborat, 99,5 % (Na2B4O7.10H2O) CAS [1303-96-4]
4.1.9. Essigsäure, 99,8 % (CH₃COOH) CAS [64-19-7] Lösung (0,1 M)
4.1.10. Milchsäure, 85 % (C3H6O3) CAS [50-21-5]
4.1.11. Natriumchlorid, 99,0 % (NaCl) [7647-14-5]
4.1.12. Natriumthiosulfat 99,5 % (Na2S2O3.5H2O) CAS [10102-17-7], Lösung (0,1 M) oder handelsübliche Lösung
4.1.13. Eisen(III)-ammoniumsulfat, 99,0 % (Fe(NH4)2(SO4)2.12H2O) CAS [7783-83-7] 10 % (m/v)
4.1.14. Natriumsalicylat, 99,5 % (NaC7H5O3) CAS [54-21-7] Lösung (0,01 M)
4.1.15. Ethanol, 96 % (C2H6O) CAS [64-17-5]
4.1.16. Wasser Typ 1 (EN ISO 3696) oder gleichwertiges Reinstwasser
4.2. Vorbereitung der Proben
4.2.1. Phenolphthalein, Lösung 1 % m/v
1 g Phenolphthalein (4.1.3) mit 100 mL Ethanol (4.1.15) mischen.
Es kann eine handelsübliche Lösung verwendet werden.
4.2.2. Stärke Indikatorlösung 5 g/L
5 g Stärke (4.1.7) mit etwa 500 mL Wasser (4.1.16) mischen. Unter ständigem Rühren zum Kochen bringen und 10 min kochen lassen. 200 g Natriumchlorid (4.1.11) zugeben. Abkühlen lassen und auf 1 Liter Wasser (4.1.16) auffüllen.
4.2.3. Gesättigte Natriumtetraborat-Lösung, etwa 55 g/L
55 g Natriumtetraborat (4.1.8) mit 1 L Wasser (4.1.16) mischen.
4.2.4. Milchsäurelösung (0,1 M) - 90 g/L
100 mL Milchsäure (4.1.10) in 400 mL Wasser (4.1.16) lösen. Die Lösung zum Beispiel in einer Abdampfschale im kochenden Wasserbad vier Stunden erhitzen, gelegentlich mit Wasser (4.1.16) auffüllen. Abkühlen lassen und auf 1 Liter Wasser (4.1.16) auffüllen. Die Milchsäure in 10 mL Natronlauge (4.1.2) titrieren. Die Konzentration der Milchsäurelösung auf 90 g/L einstellen.
5. Geräte
5.1. Wasserdampfdestillationsapparatur, bestehend aus:
- einem Wasserdampfentwickler, der erzeugte Wasserdampf muss frei von Kohlendioxid sein
- einem Destillierkolben
- einer Destillationssäule
- einem Kondensator
Diese Apparatur muss den drei folgenden Bedingungen genügen:
(a) 20 mL destilliertes CO2-freies Wasser in den Destillierkolben geben, 250 mL des Destillats auffangen und 0,1 mL Natronlauge (4.1.2) und zwei Tropfen Phenolphtaleinlösung (4.2.1) zugeben. Die Rosafärbung muss mindestens 10 Sekunden bestehen bleiben (Wasserdampf frei von Kohlendioxid).
(b) 20 mL Essigsäurelösung (4.1.9) in den Destillierkolben geben, 250 mL des Destillats auffangen und mit Natriumlauge (4.1.2) und zwei Tropfen Phenolphtaleinlösung (4.2.1) titrieren: Es müssen mindestens 19,9 mL titriert werden (überdestillierte Essigsäure mindestens 99,5 %).
(c) 20 mL Milchsäure (4.2.4) in den Destillierkolben geben, 250 mL des Destillats auffangen und mit 0,1 mL Natronlauge (4.1.2) und zwei Tropfen Phenolphtaleinlösung (4.2.1) titrieren. Es dürfen nicht mehr als 1,0 mL Natriumlauge (4.1.2) zugesetzt werden (überdestillierte Milchsäure ≤ 0,5 %).
Jede Apparatur oder jede Verfahrensweise, die den oben genannten Anforderungen entspricht, gilt international als amtlich.
5.2. Volumenmessgeräte
5.3. Analysenwaage, geprüft und kalibriert
5.4. Vollpipetten, 10 mL und 20 mL.
5.5. Bürette
5.6. Wasserbad
6. Durchführung der Bestimmung
6.1. Vorbereitung der Probe
Entfernung des CO2 aus kohlensäurehaltigem Traubensaft:
Etwa 50 mL Traubensaft, rückverdünnten Traubensaft oder Traubennektar in eine Saugflasche geben; mit der Wasserpumpe ein bis zwei Minuten unter ständigem Schütteln in der Flasche ein Vakuum erzeugen. Es können andere Systeme verwendet werden, sofern sie die Eliminierung des CO2 gewährleisten.
6.2. Wasserdampfdestillation
20 mL Traubensaft, rückverdünnten Traubensaft, konzentrierten Traubensaft* oder Traubennektar in den Destillierkolben geben und etwa 0,5 g Weinsäure (4.1.1) zugeben. Mindestens 250 mL Destillat auffangen.
* Konzentrierter Traubensaft muss verdünnt werden (z.B. 200 g in 500 mL). Das Ergebnis ist mit dem Verdünnungsfaktor zu multiplizieren (in diesem Fall F = 2,5).
6.3. Titration
Mit Natronlauge (4.1.2) in Gegenwart von 2 Tropfen Phenolphtaleinlösung (4.2.1) titrieren (n = zugegebenes Volumen in mL).
Vier Tropfen Salzsäure (4.1.4), mit Wasser (4.1.16) 1:4 (v/v) verdünnt, 2 mL Stärkelösung (4.2.2) und einige Kaliumjodidkristalle (4.1.6) zugeben. Das freie Schwefeldioxid mit Jodlösung (4.1.5) titrieren (n′ = zugegebenes Volumen in mL).
Bis zum Farbumschlag nach rosa gesättigte Natriumboratlösung (4.2.3) zugeben und das gebundene Schwefeldioxid mit Jodlösung (4.1.5) titrieren (n′′ = zugegebenes Volumen in mL).
7. Berechnung (Ergebnisse)
7.1. Berechnungsmethode
Der Gehalt an flüchtigen Säuren, ausgedrückt in Milliäquavalent je Liter mit einer Dezimalstelle, beträgt:
Der Gehalt an flüchtigen Säuren, ausgedrückt in Gramm Essigsäure je Liter mit zwei Dezimalstellen, beträgt:
n = Volumen (mL) der verwendeten Natriumlauge (4.1.2)
n' = Volumen (mL) der Jodlösung (4.1.5), die für die Titration des freien Schwefeldioxids verwendet wurde
n" = Volumen (mL) der Jodlösung (4.1.5), die für die Titration des gebundenen Schwefeldioxids verwendet wurde
Hinweis: Im Falle von konzentriertem Traubensaft ist das Ergebnis mit dem Verdünnungsfaktor (F) zu multiplizieren.
7.2. Proben mit vorhandener Sorbinsäure
Da Sorbinsäure bei einem Destillationsvolumen von 250 mL zu etwa 96 % in das Destillat übergeht, muss sie von den flüchtigen Säuren abgezogen werden. 100 mg Sorbinsäure entsprechen 0,89 mval oder 0,053 g Essigsäure. Der Gehalt an Sorbinsäure (mg/L) wird separat bestimmt.
7.3. Proben mit vorhandener Salicylsäure
7.3.1. Bestimmung der Salicylsäure im Destillat der flüchtigen Säuren
Unmittelbar nach der Bestimmung der flüchtigen Säuren und der Korrektur des freien und des gebundenen Schwefeldioxids 0,5 mL Salzsäure (4.1.4), 3 mL Natriumthiosulfatlösung (4.1.12) und 1 mL Ammoniumeisen(III)-sulfatlösung (4.1.13) in den Erlenmeyerkolben geben.
Bei Anwesenheit von Salicylsäure entsteht eine violette Färbung.
7.3.2. Bestimmung der Salicylsäure
Das Volumen des Destillats an dem oben genannten Erlenmeyerkolben markieren. Den Kolben entleeren und ausspülen. Eine neue Probe von 20 mL Traubensaft, rückverdünntem Traubensaft, konzentriertem Traubensaft (siehe Ziffer 6.2) oder Traubennektar destillieren und das Destillat in demselben Erlenmeyerkolben bis zur Markierung auffangen. Es ist sicherzustellen, das das Volumen des aufgefangenen Destillats dem Volumen in Ziffer 7.3.3 entspricht. 0,3 mL Salzsäure (4.1.4) und 1 mL Ammoniumeisen(III)-sulfatlösung (4.1.13) zugeben. Es entsteht eine violette Färbung. In einen gleichen Erlenmeyerkolben soviel destilliertes Wasser (4.1.16) geben, wie der oben genannten Destillatmenge entspricht. 0,3 mL Salzsäure (4.1.4) und 1 mL Ammoniumeisen(III)-sulfatlösung (4.1.13) zugeben. Das destillierte Wasser im Erlenmeyerkolben mit Natriumsalicylatlösung (4.1.14) titrieren, bis die Intensität der entstehenden Violettfärbung derjenigen im Erlenmeyerkolben mit dem Weindestillat entspricht. n′′′ = zugegebene Menge in mL.
7.3.3. Korrektur der flüchtigen Säure
Das Volumen 0,1 n′′′ mL von den n mL Natronlauge abziehen (4.1.2), die zur Titration des Destillates der flüchtigen Säuren verbraucht wurden.
8. Indikative Eigenschaften der Methode
Es wurde eine Validierungsstudie mit Traubensaft durchgeführt, um die Eignung der Methode für die betreffenden Matrices unter Berücksichtigung der Linearität, der Nachweis- und Bestimmungsgrenzen und der Genauigkeit der Methode zu beurteilen. Der letztgenannte Parameter wurde anhand der Präzision und der Richtigkeit der Methode ermittelt.
8.1. Linearität der Methode
Die Methode erwies sich im Konzentrationsbereich von 0,11 g/L bis 1,09 g/L (siehe Tabelle 1) als linear.
8.2. Nachweis- und Bestimmungsgrenze
Die Nachweisgrenze (LD) und die Bestimmungsgrenze (LQ) wurden anhand von 7 Wiederholbestimmungen einer wässrigen Essigsäurelösung (0,11 g/L) berechnet und entsprechen 3 Standardabweichungen für die LD und 10 Standardabweichungen für die LQ (Tabelle 1).
8.3. Genauigkeit der Methode
Berücksichtigt wurden die Wiederholbarkeit und die Reproduzierbarkeit. Die Werte dieser Parameter sind in Tabelle 1 aufgeführt. Die Wiederholbarkeit wurde ausgedrückt als relative Standardabweichung (%RSD) bei Messungen, die für verschiedene im Traubensaft vorgefundene Konzentrationen wiederholt wurden. Die Reproduzierbarkeit wurde ausgedrückt als Mittelwert der relativen Standardabweichung (%RSD) bei Messungen derselben Traubensaftprobe, die von verschiedenen Betreibern durchgeführt wurden.
8.4. Richtigkeit der Methode
Die Wiederfindungsrate wurde anhand einer Traubensaftprobe bestimmt, die mit Essigsäure in 6 Konzentrationen von 0,11 g/L bis 1,09 g/L dotiert wurde.
Tabelle 1: Eigenschaften der Methode
Linearitäts-bereich (g/L Essigsäure) |
Korrelations-koeffizient (r2 ) |
LD (g/L Essig-säure) |
LQ (g/L Essig-säure) |
Wiederhol-barkeit (n=7) RSD% |
Reproduzier-barkeit (n=7) RSD% |
Durchschn. Wieder-findung (%) |
0,11 – 1,09 |
0,9905 |
0,09 |
0,16 |
2,75 |
3,15 |
103,63 |
9. Literatur
- OIV-Sammlung internationaler Analysemethoden für Wein und Most, Methode OIV-MA-AS313-02:R2015.
- ISO 3696 Wasser für Analysezwecke — Spezifikationen und Testverfahren, 1995